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Fakten zur Aufführung 

TANNHÄUSER
(Richard Wagner)
28. November 2009 (Premiere)

Theater Chemnitz


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Venusberg-Grotte und grüne Blätter

Mögen anderen Ortes heiße Debatten um das Regietheater und seine vermeintlichen Provokationen geführt werden. Mag das Publikum gerade auch beim Klassiker Wagner mit immer wieder neuen Sichtweisen konfrontiert werden. So bleiben all diese Eruptionen in Chemnitz, auf halbem Weg zwischen Berlin und Bayreuth gelegen, zumindest wenn der langjährige Chefregisseur Michael Heinicke inszeniert, außen vor. Hier werden keine Erwartungen enttäuscht oder Irritationen geweckt. Es bleibt, in mäßig modernem Gewande, einfach so, wie es immer war und vorhersehbar ist. Im neuen Tannhäuser wabern schon während des Vorspiels Bühnennebel um die in kräftiges Rot getauchte verspiegelte Venusberg-Grotte, dort darf sich der Außenseiter-Sänger mit mehrfach verdoppelten Venussen beim Blindekuh-Spielchen verführen lassen, der Pilgerchor tritt in Mönchskutten auf, Landgraf Herrmann und seine Ritter sind Durchschnittspersonen von Stand, Tannhäuser ein etwas schusseliger, leicht verwirrter Sänger neben der Rolle, die Gäste ziehen wie immer in die zuvor von Elisabeth besungene Halle, diese geht zum Ende ins Dunkle der Nacht und am Priesterstab sprießen demonstrativ die grünen Blätter. Das Libretto wird eins zu eins umgesetzt, Überraschungen oder neue Einsichten gibt es hier nicht. Im praktikablen Einheits-Bühnenbild von Altmeister Peter Sykora mit seinen drei raumhohen gotischen Fenstern und von schwarzen Holzrahmen eingefassten transparenten Gaze-Seiten wird dies alles gekonnt routiniert in Szene gesetzt, bleibt aber doch recht bieder und brav.

Die bemerkenswerten Akzente kommen in dieser Neuinszenierung aus dem Graben. Vor allem auch in den Orchester-Vorspielen wissen Generalmusikdirektor Frank Beermann und die Robert-Schumann-Philharmonie mit einem licht und leichten, weichen, zarten und beseelten Wagner-Klang voll zu überzeugen. Die großen Orchestersteigerungen gelingen mit präziser Dynamik, ohne je ins Bombastische zu verfallen. Auf der Bühne waren Venus/Elisabeth und Wolfram die beherrschenden Figuren. Astrid Weber mit ihrem vollen, satten, leicht dunklen Sopran war eine verführerische Venus wie eine innig mit feinsten Piano-Tönen flehende Elisabeth, der auch das große Volumen für die emphatische Hallen-Arie zur Verfügung steht. Heiko Trinsinger ist fast schon ein Heldenbariton und für die Wolfram-Rolle etwas zu schwer. Mit seiner sehr schönen Stimme und kluger, differenzierter Diktion kam er dem eher lyrischen Rollenideal dennoch sehr nahe. Der Tannhäuser von Jon Ketilsson wirkte in den ersten beiden Akten in Stimme und Spiel gebremst, fast hölzern. Als ob er sich alles für den Schluss aufgespart hätte, sang und spielte er sich erst mit der Rom-Erzählung wirklich frei, deren dramatischer sarkastischer Duktus seiner Stimme offenbar besonders liegt. Die übrigen Solisten (Landgraf Herrmann: Kouta Räsänen; Walter von der Vogelweide: Johan Weigel; Biterolf: Matthias Winter) waren rollengerecht besetzt. Mit ihrer kleinen Partie des jungen Hirten und ihrem leuchtend hellen Sopran stach Jana Büchner hervor.

Das Publikum im ausverkauften Haus, das gerade sein 100-jähriges Jubiläum feiert, war jedenfalls rundum zufrieden. Der länger anhaltende freundliche, von Bravo-Rufen durchsetzte Beifall galt den Sängern ebenso wie Dirigent und Orchester sowie dem Regie-Team. Ob allerdings die zur Stipp-Visite vorbei schauende neue Bayreuth-Chefin Eva Wagner-Pasquier für ihre Festspiele aus dem Chemnitzer Tannhäuser Honig saugen konnte, bleibt ihr Geheimnis.  

Axel Göritz

 






 
Fotos: Dieter Wuschanski