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Fakten zur Aufführung 

AIDA
(Giuseppe Verdi)
3. Mai 2008 (Premiere)

Theater Chemnitz


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Kammerspielartiges Psychogramm

Kommt man aus der eher etwas verschlampten Hauptstadt in die sogenannte Provinz, fallen die festlichen Garderoben, in denen die Chemnitzer Bürger ihre Aida-Premiere und vielleicht auch etwas sich selbst feiern, regelrecht ins Auge. Während in Berlin selbst große Opernabende als das fast normale meist in Alltagskleidung absolviert werden, bringen hier doch viele ihre Verbundenheit mit dem Musiktheater der Stadt auch durch ihr äußeres Auftreten zum Ausdruck und hatten dabei eher mehr Geschmackssicherheit als Peter Sykora, der Altmeister der Bühnen- und Kostümbildner. An Berlins Deutscher Oper weiß sein Tunnel in Götz Friedrichs Ring-Inszenierung auch heute noch, nach über 20 Jahren zu überzeugen, die Kostüme in der Chemnitzer Aida hingegen vermitteln in ihrer Mischung aus ägyptischen, chinesischen und zeitlosen Attributen eher karnevalistische Aspekte. Zwiespältig auch der die Bühne beherrschende Aufzugswürfel, der sich an mächtigen Verstrebungen auf und ab bewegt. Die Sinnhaftigkeit dieser durchaus Eindruck machenden Aufzugskabine bleibt bis kurz vor dem Ende unklar, dann allerdings gelingt ein bezwingendes Bild, als sich während des Schluss-Duetts von Aida und Radames dieser Quader-Koloss zeitlupenhaft und unaufhaltsam über den beiden am Boden Kauernden senkt, bis er sie fast zerdrückt und unter sich begräbt. 

Regisseur und Operndirektor Michael Heinicke vermied jeden vordergründigen Pomp und versuchte im Sinne Giuseppe Verdis, dem der Rummel um die Uraufführung der Aida in Kairo eher peinlich war, ein kammerspielartiges Psychogramm der Hauptfiguren um Aida, ihre Rivalin Amneris und den Feldherrn Radames zu zeichnen. Dabei überwogen im ersten Teil doch die eher opernhaften, tradierten Gesten mit einem statuarisch geführten Chor, der sich im Tücher schwenken zeigen musste. Auch waren bis auf die darstellerisch und stimmlich alle überragende Amneris von Marina Prudenskaja die Solisten nicht in allerbester Spiellaune und retteten sich, von der Personenregie verlassen, bei ihren Zugnummern an die Rampe. Nach der Pause funktionierte das Psycho-Drama besser und nahm mit eindringlichen und bezwingenden Momenten vor allem in der Auseinandersetzung zwischen Aida und Amneris für sich ein.

Die voller Leidenschaft in Stimme und Bewegung agierende Gegenspielerin der Aida war dann aber auch ungewollt das Problem der Besetzung. Mit ihrem tiefen, vollen und differenzierungsreichen Mezzosopran, der auch zu kräftiger Höhe aufsteigen kann, sang und spielte Marina Prudenskaja ihre Mitstreiter fast an die Wand. Alle anderen kamen mehr vom leichten Stimmfach, allen voran die Aida von Svetlana Katchour. Ihr stimmschöner Sopran mit einem ansprechenden und zarten Piano ist für die Aida zu leicht und hatte in dieser Kombination nur wenig Chancen, wofür das Besetzungsbüro die Verantwortung trägt. Mario Zhang als Radames verfügt über eine lyrische, zu weicher Höhe fähige Stimme, die allerdings vom Timbre her etwas gleichförmig klingt. Seine darstellerische Präsenz war ebenso eher verhalten. Der Amonasro von Hannu Niemelä hob sich aus dem Ensemble hervor, ebenso wie die Tempelsängerin Jana Büchner, deren Stimme in ihrem kurzen Auftritt voll zu überzeugen wusste.   

Die musikalische Leitung hatte der neue Generalmusikdirektor Frank Beermann inne, der offenbar mit Rücksicht auf die Sänger meist zurückhaltend begleitete. In den rein orchestralen Zwischenstücken animierte er die mit Glanz spielende Robert-Schumann-Philharmonie zu schönem Verdi-Klang.

Lebhafter Beifall für alle Beteiligten im ausverkauften Chemnitzer Opernhaus.

Axel Göritz