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Fakten zur Aufführung 

IL BARBIERE DI SIVIGLIA
(Gioacchino Rossini)
20. März 2010 (Premiere)

Theater Bremen


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„Klassische“ Irrungen und Wirrungen

Mit dem Barbiere di Siviglia hat das Theater Bremen seinen Rossini-Zyklus vollendet. Nach La Cenerentola und Maometto II steht nun die populärste Buffa des „Schwans von Pesaro“ schlechthin auf dem Spielplan, wie bei den vorhergegangenen Produktionen in einer Inszenierung von Michael Hampe – keine neue, sondern die Adaption einer Inszenierung, die Hampe in den 80er Jahren herausbrachte und die bereits auf mehreren Bühnen gezeigt wurde. Das Label Arthaus Musik hat einen Mitschnitt von den Schwetzinger Festspielen 1988 auf DVD herausgebracht, u. a. mit Cecilia Bartoli, David Kuebler und Gino Quilico.

Hampes Regiehandschrift ist im besten Sinne des Wortes klassisch. Bühnenbilder und Kostüme – die Monika Gora nach Entwürfen von Mauro Pagano für die Bremer Bühne neu eingerichtet hat – sind schön anzusehen, entspringen ganz dem Geist der Geschichte von Beaumarchais. Handwerklich ist das alles gut gemacht, wirkt aber dennoch in bestimmten Einfällen nicht mehr ganz auf der Höhe des Zeitgeschmacks. Die Posen, mit denen etwa Graf Almaviva auftritt und Rosina sein Ständchen singt, erinnern allzu sehr an das traditionelle Rampensingen, das gleiche gilt für die choreographische Aufstellung der großen Ensembleszenen – und wenn zur Gewittermusik im zweiten Akt Fenster, Türen und Vorhänge in doch recht gleichmäßigen Bewegungen in Wetterwallungen geraten, dann wirkt das nicht mehr überzeugend.

Die Produktion hat dennoch eine gute Chance, zu einem überzeugenden Theaterabend zu werden, wenn ein Ensemble aufgestellt ist, dass sich ganz und gar auf’s Spielen konzentrieren kann, weil die nötige vokale Souveränität gegeben ist. Leider kam der Abend da nicht immer an die Anforderungen heran, die Rossini an seine Sänger stellt. Allen voran muss Nadja Stefanoff genannt werden, die mit der überzeugendsten sängerischen Leistung punkten konnte. Der einzige Wunsch, der bei ihrer Rosina offenbleibt, ist etwas mehr Fülle in den tiefen Lagen der Partie, sonst kann sie mit leicht fließenden Koloraturen, sicherer Höhe und ihrer in jeder Hinsicht charmanten Erscheinung ganz für sich einnehmen – das macht sie vor allem frei für ein nicht minder engagiertes Spiel. Damit tat sich Leonardo Ferrando als Almaviva etwas schwerer, verharrte oft in Posen, die ihm als Darsteller nicht unbedingt entgegenkamen – lässt dabei aber ein großes Potential seines klangschönen, hell timbrierten und beweglichen lyrischen Tenors erkennen. Da ist sicher noch eine sehr gute Entwicklung möglich. Am Abend vor der Premiere erst ist der junge mexikanische Bariton Alberto Albarrán als Figaro eingesprungen. Er war Mitglied des Opernstudios am Bremer Theater, ist jetzt fest im Ensemble, hatte die Partie mit einstudiert – und musste die Premiere für seinen kurzfristig erkrankten Kollegen retten. Albarrán hat große Freude am Spiel auf der Bühne, konnte sich in das Ensemble insgesamt gut einfügen – die eine oder andere vokale Schwachstelle sei der Nervosität gutgeschrieben, die sein plötzlicher Einsatz sicher ausgelöst hat. Da klingt jedenfalls ein kerniger, voluminöser und gut geführter Bariton durch, der bei entsprechender Pflege sicher seinen Weg in diesem Repertoire finden wird.

Tomas Möwes spielte einen schrulligen Doktor Bartolo, konnte mit seinem inzwischen sehr engen und vibratoreichen Bariton stimmlich indes weniger überzeugen. Seit einigen Jahren ist Kurt Rydl ebenso regelmäßiger wie prominenter Gast in Bremen, legte darstellerisch einen köstlichen Don Basilio hin, verfügt nach wie vor über ein mächtiges, urgewaltiges Organ – wünschenswert wäre gleichwohl gewesen, hätte er Kraft und Volumen seiner Stimme vor allem in den Ensembles etwas zurücknehmen können, um nicht permanent herauszustechen.

In den übrigen Partien ergänzten u. a. Agnes Selma Weiland als Marzelline, Loren Lang als Fiorello und vor allem Günter Schulz als Ambrosio als herrliche Karikatur des dümmlichen Dieners im Hause Bartolo das Ensemble.

Die musikalische Seite hinterließ insgesamt einen etwas fahlen Eindruck, vor allem, weil Bremens 1. Kapellmeister Daniel Montané den ganzen Abend über mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, Bühne und Orchester zusammenzuhalten. Was am Anfang noch nach Anlaufschwierigkeiten klang, entwickelte sich zu einem Manko des ganzen Abends. Hier muss noch etwas Feinarbeit geleistet werden.

Das Bremer Publikum spendete vor allem dem Ensemble sehr freundlichen, wenn auch nicht euphorischen Applaus, nahm den Abend insgesamt mit verhaltener Begeisterung auf.

Christian Schütte

 







Fotos: Jörg Landsberg