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SINN UND SINNLICHKEIT
Die Solisten faszinieren als ausdruckstarke Darsteller mit überwältigenden
Stimmen: Klaus Florian Vogt als märchenhafter Gralsbote mit seinem hellen,
ausgewogenen Tenor voller Ausdruck! Birgit Eger als mädchenhaft-naive,
aber auch angriffslustige Elsa mit weich klingendem Sopran! Ivan Dimitrov
und vor allem Ruth-Maria Nicolay als impertinente Bösewichter Telramund
und Ortrud mit flexiblem Bariton bzw. mit ausdruckstark-powervollem Mezzo!
Andreas Haller als desorientierter König mit biegsamem Bass! Armin Kolarczyk
als lautstarker Heerrufer mit klarer Intonation! Dazu angemessen perfekte
Edelknaben und Edle - und ein leidenschaftlich agierender brausender Chor
(Leitung: Thomas Eitler)!
Lawrence Renes forciert die routinierten Bremer Philharmoniker zu fulminantem
Orchesterklang mit präzis schwelgendem Blech, wunderbar elegischen Streichern,
hämmerndem Schlagzeug und schmeichelnden Flöten - Wagner opulent, aber
nicht bombastisch!
Anthony Pilavachi inszeniert die Flucht vor trivialer Sinnlichkeit, beschwört
das Verlangen nach rückhaltlosem Gefühl; dabei geht es letzten Endes um
märchenhafte Fluchten aus einer Welt des überdrüssigen Stillstands - mit
tödlichem Ausgang für die unangepasste Elsa. Turbulente Massenszenen sind
ein Fest fürs Auge!
Piero Vinciguerra lässt das subtil ironisierende Geschehen in einem funktionsgerechten
Bankettsaal spielen, mit Rednertribüne, Roulettetisch, vielen Stühlen
ein Kommunikationsraum par excellence sowohl für Massenszenen als auch
für die intimen Begegnungen. Die Herren im Gesellschaftsoutfit; der weibliche
Teil der haute volee als Perlenkettendamen in typgerechten Kostümen von
Tatjana Ivschina.
Die Bremer Oper spielt während des Umbaus des Theaters am Goetheplatz
im poppig-plüschigen Musical-Theater; ein Haus mit hallender Akustik und
rauschender Klimaanlage. Das Publikum im weiten Rund ist hanseatisch dezent;
goutiert das Spiel mit dem Mythos und gerät beim Schlussapplaus geradezu
in Ekstase - wunderbar! (frs)
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