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Fakten zur Aufführung 

LA FINTA GIARDINIERA
(Wolfgang Amadeus Mozart)
3. Oktober 2008
(Premiere: 31. März 2007)

Theater Bremen


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Entfremdungen

Das inszenatorische, musikalische und sängerische Kommunikations-Problem der so indifferenten Entfremdungs-Oper des neunzehnjährigen Mozart liegt auf der Hand. Es beginnt mit einem scheinbaren Mord, präsentiert emotional zerrissene Charaktere, handelt von traumatisierten Opfern, vermittelt aber auch die eigentlich unvorstellbare Zuversicht auf die balsamische Wirkung der Liebe. Und das alles in einer schier inkommensurablen Vielfalt musikalischer Ansätze und äußerst heterogener gesanglicher Vorgaben.

Bewundernswert das gelungene Mosaik von Verkleidungen, Verwechslungen, Verwandlungen, Verstörungen – und die hinreißende Gratwanderung zwischen Tragik, Komödie und empathischer Leidenschaft für zwischenmenschliche Konflikte.

Philipp Himmelmann gelingt ein Meisterstück in Sachen menschlicher Konflikt-Darstellung, personenbezogenen Bühnenhandelns und authentisch-verfremdeter Werk-Umsetzung mit permanent spürbarer Leidenschaft für die leidenden Opern-Figuren – und die Erwartungen eines autonomen Publikums!

Die genial-kommunikative Bühne von Hermann Feuchter wird mit Sicherheit in die Musiktheater-Geschichte eingehen: ein um neunzig Grad gedrehtes Labyrinth vor goldener Wand mit hemmend-übersteigbaren Barrieren und stimulierenden Kletter-Sprossen – ein Handlungsraum voller imaginierender Stimulanz!

Daniel Montane benötigt mit den eher routiniert beginnenden Bremer Philharmonikern einige Zeit, um den so spezifischen Duktus der variantenreichen Mozart-Komposition zu realisieren – und das emotional-zerrissene Geschehen auf der Bühne. Sowohl die Interpretation der früh-experimentierenden Mozart-Partitur als auch die Begleitung des differenzierten Bühnenhandelns bleiben farblos, geraten nie in die perfekte Leidenschaft musikalischer Brillanz.

Aber das Sänger-Ensemble: Da herrscht die elementare Spielfreude, da leuchten die Stimmen, da werden Emotionen nahezu existenziell hörbar. Nadine Lehner ist eine hinreißend zweifelnd-unsicher liebende Violante, verströmt einen variablen Mozart-Klang voll beeindruckender Schönheit und ist total sicher und ausdrucksstark in den mozartesken Koloraturen und stimmlichen Raffinessen. Nadja Stefanoff gibt mit kultiviert-ausdrucksvollem Mezzo einen Ramiro voller hintergründiger Leidenschaft. Mihai Zamfir interpretiert den Podesta mit souveräner Komik; Jarid Rogers ist ein ambivalenter Belfiore mit variantenreicher Phrasierungskunst; Sara Hershkowitz verleiht der Arminda strömende Artikulation – und mit Eun-Kyung Um als quirlige Serpetta und Alberto Albarran als treuer Nardo agieren und singen zwei Buffo-Akteure der Extraklasse!

Das Bremer Haus ist bei dieser exzeptionellen Wiederaufnahme aus der legendären Pierwoß-Ära nicht ausverkauft - doch die Begeisterung ist groß. Offenbar wissen aufgeschlossene Bremer Opern-Connaisseurs die glorreiche Vergangenheit mit einem leidenschaftlichen Theater-Inspirator immer noch zu schätzen! (frs)