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Fakten zur Aufführung 

DAS BUCH MIT SIEBEN SIEGELN
(Franz Schmidt)
14. Dezember 2008

Stadthalle Braunschweig
Staatstheater Braunschweig


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Apokalypse

Es ist ein viel zu selten vermitteltes Jahrhundertwerk – Franz Schmidts Oratorium nach der Johannes-Offenbarung, die Apokalypse als Umsetzung letzter menschlicher Panik und Hoffnung in überwältigende Musik und monumentalen Chor-Gesang. Der Österreicher Schmidt (gestorben 1939), hofiert von den Austro-Nazis, aber mittlerweile rehabilitiert, wagt sich an die elementare Beschwörung der „Weltenwende“, an die finale Essenz des Glaubens.

Andreas Stoehr erarbeitet mit dem erweiterten Staatsorchester Braunschweig mit bemerkenswerter Einsatz-Präzision das musikalisch differenzierte Werk der österreichischen Spätromantik, setzt sich mit den subtilen Harmonisierungen deutlich interpretierend auseinander, steigert die Intensität über die Öffnung der Bücher bis zum siebten Siegel mit gregorianischen Passagen, krachendem Schlagzeug bis zur totalen Steigerung – in die absolute Stille.

Opernchor und Konzertchor Braunschweig zelebrieren die Macht der Fuge, verlieren sich in der Ruhe des Chorals und vermitteln die Intensität der maßvoll eingesetzten theatralen Momente, singen in kollektivem Zusammenklang mit Orchester und Gesangs-Solisten.

Robert Kovacs meistert den orchestralen Orgelpart mit virtuoser Kompetenz.

Dae Bum Lee vermittelt mit sonorem Bass die höchste Autorität der Stimme des Herrn; Danuta Dulska, Julia Rutigliano und Nam Won Huh artikulieren die Solisten-Rolle zuverlässig durchsetzungsfähig. Thomas Blondelle singt die gewaltige Rolle des Johannes mit Bravour – vermag allerdings die für Heldentenor angelegte Rolle nicht durch lyrische Emphase zu kompensieren.

In der steril-atmosphärelosen Stadthalle wollen sich die Furcht Gottes und das Schauern vor dem Jüngsten Gericht nicht vermitteln; orchestraler Aufwand, chorale Opulenz, korrekt intonierende Solisten kommen dem tiefreligiösen Impetus mit dem Faszinosum des ewigen Lebens der „Geläuterten“ nur ansatzweise nahe. Offenbar bedarf das so kompromisslos auf den biblischen Text setzende Werk der szenischen Umsetzung – so wie das Gottfried Pilz anno 1998 in Bielefeld gelang (mit einem emotional interpretierenden Luca Martin, der später auch mit der Rolle in Bonn überzeugte).

Das Braunschweiger Konzert-Publikum bewundert den zweistündigen musikalischen Kraftakt, folgt dem Ablauf aufmerksam (vermisst aber auch die Übertitel) und dankt mit lang anhaltendem Applaus. (frs)