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Fakten zur Aufführung 

A MIDSUMMER NIGHT’S DREAM
(Benjamin Britten)
29. Januar 2011 (Premiere)

Staatstheater Braunschweig


Points of Honor                      

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Von Liebesverwirrungen und glitzernden Elfen

Theater auf dem Theater, Spiel im Spiel – das funktioniert nicht nur in Shakespeares Schauspiel, sondern auch in Brittens Oper sehr gut. Der hat zusammen mit seinem Partner Peter Pears für das Libretto zu seiner 1960 uraufgeführten Oper die Vorlage stark zusammengestrichen. Die Begegnungen der Paare Lysander–Hermia und Demetrius–Helena im Wald, der von Oberon veranlasste Zaubertrank, den Puck den Probanden in die Augenlider träufeln muss, was für so große Verwirrung sorgt, der Streit mit seiner Gattin Titania, das Schauspiel der Handwerker während der Hochzeit von Theseus und Hippolyta – das sind die wesentlichen Elemente, die Britten und Pears zu einer dramaturgisch stringenten, insgesamt recht übersichtlichen Handlung zusammengefügt haben. Britten zeigt sich in diesem Stück einmal mehr als großartiger Musikdramatiker, indem er Figuren, Situationen, Empfindungen und Atmosphären auf subtile Weise nachspüren und ihnen dramatische Größe verleihen kann.

Michael Talke vertraut Britten und Shakespeare offenbar so gut, dass er sich selbst als Regisseur, als Interpret der Geschichte, ganz zurücknehmen kann. Zu sehen ist eine durch und durch inspirierte Regie mit exakter Personenführung, einer Fülle an kleinen Details, die das ganze zu einem runden Theaterereignis werden lassen. Dafür tut Talke nicht mehr – und eben auch nicht weniger – als die Geschichte ganz bei sich zu lassen und ihr den nötigen Raum zur Entfaltung zu geben. Dafür hat ihm Barbara Steiner einen Guckkasten auf die Bühne gebaut, von außen hölzern, von innen schwarz. Das Hölzerne steht für die Welt der Handwerker, schwarz ist der Wald, darin besticht vor allem die Feenwelt durch viel Glitzern und Glimmern, Goldschimmer, Pailletten und Federn in den Kostümen von Cornelia Brey. Das reicht aus, um atmosphärisch starke Bilder zu schaffen und Brittens ebenso sphärisch-starker Musik Raum zum Klingen zu geben. Es muss also nicht immer der große Durchbruch mit einer neuen Lesart sein. Manchmal ist es einfach mehr – vielleicht sogar die anspruchsvollere Herausforderung –, das was da ist, spielerisch zu nutzen.

Musikalisch lässt die Produktion ebenso wenige Wünsche offen. Allen voran trägt Christopher Hein die Krone an diesem Abend davon. Der junge Korrepetitor hatte das Dirigat kurzfristig vom verletzten Kapellmeister Sebastian Beckedorf übernommen und bewältigt seine Aufgabe mit größter Souveränität. Das Staatsorchester bringt er mit luftigem, lockerem Spiel genau zu der Leichtigkeit, die Brittens Partitur braucht, lässt dabei die Klangfarben schillern und gibt den Affekten Raum. Diese große Freude am Musizieren überträgt sich durchweg auf ein profundes Ensemble. Yosemeh Adjei als androgyner Oberon mit leichtem, gut fokussiertem Countertenor und der Schauspieler Raphael Traub als in gleichem Maß britisch distinguierter wie erotisch knisternder Puck hinterlassen die stärksten Eindrücke, dicht gefolgt vom übrigen, stimmlich tadellos besetzen Ensemble: Ekaterina Kudryavtseva als Titania, Arthur Shen als Lysander, Orhan Yildiz als Demetrius, Sarah Ferede als Hermia, Simone Lichtenstein als Helena, Henryk Böhm als Bottom/Pyramus und in den weiteren Partien Dae-Bum Lee, Steffen Doberauer, Ernst Garstenauer, Tobias Haaks, Malte Roesner, Selçuk Hakan Tiraşoğlu und Julia Rutigliano. Großes Lob ist dem Kinderchor des Staatstheaters zuzusprechen, der seine schwierige Aufgabe mit bewundernswerter Sicherheit bestand und dabei auch noch sehr wirkungsvoll in das Bühnengeschehen eingebunden wurde.

Begeisterter, wenngleich nicht allzu langer Beifall für einen Abend, der nicht nur die Qualitäten Benjamin Brittens als Opernkomponist zeigt, sondern einmal mehr das hohe Niveau, auf dem in Braunschweig Musiktheater als Ensemblearbeit praktiziert wird.

Christian Schütte

 









 Fotos: Karl-Bernd Karwasz