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Fakten zur Aufführung 

LUCIA DI LAMMERMOOR
(Gaetano Donizetti)
17. April 2010
(Premiere: 27. März 2010)

Staatstheater Braunschweig


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Im Nebelwald der seelischen Verstrickungen

Dunkelheit, Dauerregen, angedeuteter Wald und ein steriler, kalter Raum als Guckkastenbühne – das sind die zentralen Elemente, in denen Regisseur Florian Lutz seine Neuinszenierung von Donizettis Lucia di Lammermoor spielen lässt. Die funktionale Drehbühne des Hauses leistet da einmal mehr ihre guten Dienste. Bühnenbildner Martin Kukulies schafft darauf Räume, die das dunkle und mystische, aber auch eisig-emotionale in Donizettis von Schauerromantik durchtränkter Oper gut einfangen. Daneben wirken die Kostüme von Andrea Kannappee recht unauffällig – allein das knappe rote Strickkleidchen für Lucia, das schon von Beginn an das blutige Ende vorausahnen lässt, hat hier symbolträchtige Aussagekraft.

Florian Lutz konzentriert sich weniger darauf, eine stringente Geschichte zu erzählen, er nimmt mehr die seelischen Verstrickungen der Figuren in den Blick, findet dabei mal mehr – in den Szenen zwischen Lucia und Edgardo, in der Begegnung Edgardos und Enricos zu Beginn des dritten Aktes –, mal weniger – vor allem in den Szenen, in denen der Chor beteiligt ist – zu überzeugenden Bildern. Insbesondere der Chor erfüllt in diesem Stück kaum mehr als die Funktion klingender Staffage, da darf ein Regisseur durchaus auch einmal Mut zur Vernachlässigung haben. So liegen die Stärken der Inszenierung vor allem im Ausloten der Dreiecksbeziehung zwischen Lucia, Edgardo und Enrico, die zwar nicht den ganzen Abend trägt, wohl aber zu den wesentlichen dramaturgischen Gerüsten zählt.

Dass Donizettis subtile Seelengemälde der Figuren so plastisch erfahrbar wurden, lag vor allem am vorzüglichen Ensemble. Die junge armenische Sopranistin Liana Aleksanyan erschließt sich mit der Lucia eine weitere Glanzpartie. Glaubhaft verkörpert sie das junge Mädchen, dass in kaum einem Moment die Möglichkeit hat, das zu tun, was sie will – und wenn, führt es zum Mord an ihrem vom Bruder aufgezwungenen Bräutigam Arturo und schließlich in den Wahnsinn. Von einigen scharfen Spitzentönen abgesehen singt Aleksanyan die anspruchsvolle Partie, vor allem die vertrackten Koloratur-Passagen, mit einer Souveränität, die ihresgleichen sucht. Nicht minder eindrucksvoll geriet der Edgardo Andrej Dunaevs. Der russische Tenor verfügt über eine große, hell timbrierte und ganz lyrisch grundierte Stimme, die durchaus über herbe Farben verfügt, die aber gerade in dieser Partie noch mehr zur Charakterisierung der Figur beitragen. Mühelos bewältigt er die vertrackten Höhen in seiner Schlussszene am Grab, in den Duetten mit Liana Aleksanyan mischen sich die Stimmen perfekt.

Malte Roesner als Lucias Bruder Enrico schont sich stimmlich in keinem Moment, kommt dabei zu einer insgesamt packenden Darstellung, da schlummert ein großes Potential in dem ebenfalls noch recht jungen Sänger, der nur an wenigen Stellen hörbar machte, dass er freilich noch etwas Zeit braucht, um ganz in dieses Repertoire hineinzuwachsen. Gewohnt souverän gab der koreanische Bass Dae-Bum Lee den Raimondo, in den kleineren Partien gab es mit Tobias Haaks als Arturo, Kenneth Bannon als Normanno und Sarah Ferede als Alisa ebenfalls wenig zu wünschen.

Von kleinen Konzentrationsschwächen abgesehen, führte Kapellmeister Sebastian Beckedorf das Staatsorchester Braunschweig sicher und klangschön durch die Partitur und konnte vor allem die Momente, in denen Donizetti dem Orchester hier mehr gönnte als allzu konventionelle Begleitung immer wieder starke Akzente setzen. Besonders im Verlauf des dritten Aktes gelang Beckedorf mit seinen Musikern ein spannungsgeladener Bogen über den dramatischen Verlauf der Handlung.

Das Publikum im gut besuchten Staatstheater feierte vor allem Liana Aleksanyan und Andrej Dunaev mit begeistertem Applaus und zeigte sich insgesamt mit der sängerisch und musikalisch sehr gelungenen Vorstellung beglückt und zufrieden.

Christian Schütte

 









 
Fotos: Staatstheater Braunschweig