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Fakten zur Aufführung 

DER FREISCHÜTZ
(Carl Maria von Weber)
14. August 2010 (Premiere)

Staatstheater Braunschweig (auf dem Burgplatz)


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Der Löwe trägt Geweih

Der Freischütz ist die Oper, die in diesem Sommer die neue Saison am Staatstheater Braunschweig einleitet – open air auf dem Platz zwischen Dom und Burg Dankwarderode, eine ebenso geschichtsträchtige wie imposante Kulisse. Kreisrund ist die für das Spektakel aufgebaute Arena, die ganze Mitte ist Bühne. So gibt es von keinem Platz aus wesentliche Sichtbehinderungen. Das Orchester ist etwas abgesenkt unter einer großen Plane platziert, deren Schutzfunktion vor Regen einerseits einleuchtend ist, andererseits den Klang mitunter etwas zu sehr deckelt, und das trotz akustischer Verstärkung. Ohne die kommen auch die Sänger nicht aus, von kleinen Ausnahmen abgesehen funktioniert das aber sehr gut, weil die Mikrofone wesentlich exakter auf jede einzelne Stimme eingestellt sind, als es andernorts bei den diversen sommerlichen Opernfestspielen unter freiem Himmel zu erleben ist.

Für die Regie zeichnet Andreas Baesler verantwortlich, der in Braunschweig kein Unbekannter ist, vor einem Jahr an gleicher Stelle etwa Puccinis Madama Butterfly auf die Bühne brachte. Sein Zugriff auf den Freischütz ist überwiegend vorsichtig bis konventionell. Es ist im Grunde alles zu sehen, was zu einem „klassischen“ Freischütz gehört. Die Bühne, von Harald B. Thor gestaltet, ist ganz mit Rindenmulch aufgeschüttet – wir befinden uns im und am Wald. Auf der einen Seite, bei Agathe daheim, die Andeutung spießig-deutscher Wohnbehaglichkeit nebst von bunten Plastikzwergen gespicktem Garten, auf der anderen Seite schön grüne Tannen. In deren Mitte steht – sonst mitten auf dem Platz – die Bronzestatue des Braunschweiger Löwen, dem hier treffsicher ein Geweih aufgesetzt wird, dessen Spitzen sogar rot leuchten können.

Dem allen passen sich die Kostüme von Alfred Mayerhofer überwiegend dezent und unauffällig an, manchmal nimmt er die Deutschtümelei der Kleidung etwas aufs Korn – etwa am Beispiel der Brautjungfern – manches wirkt gar recht übertrieben, wie die übergroßen Gartenzwerge, die das Schallen und Rauchen der Wolfsschlucht-Szene säumen. Baeslers Stärke liegt in der Personenführung, die Beziehungen zwischen den Hauptfiguren klar und stringent ausloten kann. Das ist sicher kein revolutionärer Deutungsansatz, der hier zu sehen ist, das ist – vor allem – handwerklich sehr gut gemacht. Und damit erfüllt die Inszenierung ihre Aufgabe voll und ganz, schließlich ist an dieser Spielstätte keine Bühne mit entsprechender Technik vorhanden, die mehr Möglichkeiten zuließe.

Die beiden Hauptfiguren dominieren die Aufführung auch stimmlich. Mária Porubčinovà gibt mit leuchtenden, kraftvollen Tönen ihres voluminösen Zwischenfach-Soprans eine ebenso selbstbewusste wie verletzliche Agathe. Mark Adlers Tenor ist hörbar am lyrischen Fach geschult, er singt den Max mit schönen Linien, unangestrengt bis in die höchsten Lagen. Der Schwäche und Verzweiflung seiner Rolle verleiht er so starken Ausdruck.

Herrlich quirlig und stimmlich beweglich gibt Moran Abouloff ein keckes Ännchen. Christian Veit Sist liegen die tieferen Passagen des Kaspar besser in der Stimme, darstellerisch verleiht auch er seinem Part starkes Format. Durchweg gut besetzt sind auch die kleineren Partien mit Selçuk Hakan Tiraşoğlu als Eremit, Ernst Garstenauer als Kuno, Malte Roesner als Ottokar und Steffen Doberauer als Kilian.

Braunschweigs Chordirektor Georg Menskes hat seine Sänger präzise und klangvoll auf ihre Aufgabe vorbereitet, dass er sie zu Beginn nicht immer exakt mit dem Orchester zusammenhielt, war sicher mehr den akustischen Verhältnissen geschuldet. Das Staatsorchester spielte unter Menskes Leitung sicher, mit schönen Klangfarben in den hier so wichtigen Hörnern und, wo nötig, mit dramatischem Impetus.

Insgesamt ist dieser Freischütz also einmal mehr eine Produktion, die das musikalische Niveau des Hauses bestens unter Beweis stellt. Das Publikum bedankte sich dafür mit begeistertem Applaus.

Christian Schütte

 











 
Fotos: Staatstheater Braunschweig