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Fakten zur Aufführung 

CARMEN
(Georges Bizet)
18.Oktober 2009
(Premiere: 3. Oktober 2009)

Staatstheater Braunschweig


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Starke stimmungsvolle Bilder

Ein heiteres Werk sollte er komponieren für die Pariser Opéra-comique. Das Ergebnis? Georges Bizets Carmen.

In seiner Neuproduktion für das Staatstheater Braunschweig erzählt Regisseur Joël Lauwers die Geschichte aus der Perspektive Don Josés als Mörder Carmens. An einem kleinen Tisch am rechten Bühnenrand sitzen schon während des Vorspiels José, Morales, Zuniga und ein weiterer Mann, der als stumme Rolle die ganze Aufführung durchzieht. Wenn sich die Wand dahinter auftut, erscheint als raumfüllendes Halbrund die Zuschauertribüne einer Stierkampfarena (Bühne: Helmut Stürmer). Darin trägt sich die ganze Geschichte zu. Lauwers nimmt damit auch das Ende voraus – schließlich ist am Schluss Escamillo der neue Liebhaber Carmens. Die Erzählweise ist einerseits retrospektiv, aber auch sehr introspektiv aus den jeweiligen Stimmungssituationen Carmens und Don Josés heraus. Dafür findet Lauwers starke, stimmungsvolle Bilder, die Dialoge sind teilweise stark gerafft, was hier aber nur noch zu mehr dichte des Erzählflusses führt.

Mit den ersten Takten des Vorspiels wird hörbar, dass Generalmusikdirektor Alexander Joels Zugriff auf Bizets Partitur unmittelbar und direkt ist. Mit teilweise sehr forschen Tempi geht er ohne Pathos, Romantisierung und Süßlichkeit vor. Das Staatsorchester folgt ihm dabei mit ausgewogenem Spiel, was besonders in den kammermusikalischen Passagen immer wieder zu dichten, stimmungsstarken Momenten führt.

Stimmungsstark ist auch das Ensemble auf der Bühne. Karine Ohanyan darf als wahrer Glücksfall für die Titelpartie gelten. Armenischer Abstammung, in der Türkei geboren, in Frankreich aufgewachsen, hat sie bereits international Karriere gemacht. Die Carmen ist ihr perfekt auf die Stimme geschrieben. Ohanyan verfügt über einen ungemein differenzierungs- und wandlungsfähigen Mezzo, der vielleicht nicht durchweg das allergrößte Volumen bereithält, dafür aber über Gestaltungsmöglichkeiten verfügt, die staunen machen. Ihr gelingt ein in jeder Hinsicht bezwingendes Rollenporträt. Und es bleibt ihr zu wünschen, dass sie sich gerade mit dieser Partie einmal – wieder – auf den ganz großen Opernbühnen präsentieren darf.

Arthur Shen gibt den Don José als gebrochene, gescheiterte Figur, die Begegnung mit Carmen endet in einer Obsession und führt in an den Rand der Selbstveräußerung. Das kann er stimmlich höchst achtbar umsetzen, und wenn er in den exponierten Passagen durch zu viel Druck auf die Stimme immer wieder sehr blank und offen klingt, dann passt das nur zu gut in seine Rollengestaltung. Und wenn er ganz in sich kehrt, dann findet er zu berückend schönen Pianotönen.

Liana Aleksanyan weiß ganz genau, was sie als Micaëla will. Sie gibt die Partie sehr selbstbewusst und überzeugt mit ihrem vor allem in der Höhne wunderbar aufblühenden Sopran.

Escamillo ist stimmlich eine doch eher undankbare Partie, bewegt sie sich gleich im Auftrittslied doch merkwürdig zwischen Bass und Bariton. Jan Zinkler kommt am Anfang nicht ganz an seine Stimme heran, klingt belegt und unfrei. Das hat er im dritten Akt jedoch überwunden und nimmt nicht zuletzt durch seine sehr virile Erscheinung für sich ein.

Die kleineren Partien sind ebenso sorgfältig besetzt, wovon vor allem die großen Ensembleszenen sehr profitieren: Simone Lichtenstein und Sarah Ferede als Frasquita und Mercedes, Thomas Blondelle und Malte Roesner als Remendado und Dancaïre sowie Selçuk Hakan Tiraşoğlu als Zuniga und Dae-Bum Lee als Moralès.

Christian Schütte

 










 
Fotos: Staatstheater Braunschweig