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Rule Britannia
Die sagenumwobene Zeit King Arthurs ist die Phase englischen nation buildings,
Geburtswehen gebären Mythen und Artikulationsformen, die bis heute das
englische Weltbild prägen. Thomas Hengelbrock akzentuiert die Barockoper
auf diese historische Frage - Graham F. Valentine leistet bei der pfiffigen
Textversion den gehörigen Anteil an englischem Humor (aus schottischer
Sicht!).
Fulminant die Purcell-sezierenden musikalischen Elemente: Minimal-Music,
religiöse Hymen, Schlachtgesänge der Fußball-Fans, barocke Konstellationen,
ja sogar Elgears Pathos haben ihre Quellen im barocken Grund - so wie
Englands Geschichte um 800 v.Chr. aus einem pool mystischen Qualms kommt
und heutzutage eruptiv Ausdruck sucht. Aber: das martialische Rule Britannia
kann nicht überleben - das elegische Lamento nach der schäumenden Siegesfeier
macht's hörbar deutlich.
Als "konzertant" firmiert das Angebot , zu erleben ist allerdings die
fulminante Performance von Balthasar-Neumann-Ensemble und Balthasar-Neumann-Chor
mit Graham F. Valentine: das Barock-Ensemble musiziert voller perfekter
Hingabe, "aktualisiert" Purcells Musik mit orchestraler Ironie, der Chor
agiert hinreißend solistisch - highlights: die "kalte Landschaft" hinter
weißem Vorhang; die englisch-ordinäre Siegesfeier - verleiht den Purcell-Vorgaben
aktuelle Bezüge.
Graham F. Valentine spricht in genüsslicher Auskostung die Libretto-Texte:
im horgy-porgy-sound, keltische Anklänge, altenglisch historisierend,
dabei mit unüberhörbarer Ironie. Er erzählt die schaurige Geschichte um
die blinde Emmeline so wie sie als Mythos überliefert ist: distanziert-humorvoll.
Im 50er Jahre Lichthof der Berufsschule Bottrop ist ein internationales
Triennale Publikum total fasziniert: standing ovations. Mortiers Triennale
zeigt was sie kann: kritische Präsentation des Weltkulturerbes auf höchstem
avantgardistischen Niveau - aber auch mit emotionalem Zugriff für offene
Novizen! (frs) |
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