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Fakten zur Aufführung 

IDOMENEO
(Wolfgang Amadeus Mozart)
27. Mai 2008
(Premiere: 23. Mai 2008)

Opéra National de Bordeaux


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Die Antike als Folie unveränderlicher Konflikte

Das "Grand Thèâtre" in Bordeaux ist ein idealer Aufführungsort für Mozarts Idomeneo: Erbaut 1773 bis 1780 im antikisierenden Stil, vollendet somit in der Entstehungszeit des Idomeneo, und vor einigen Jahren aufwändig renoviert, verfügt es neben der optischen Passung auch über akustisch hervorragende Proportionen.

Für die Inszenierung, das Bühnenbild und die Kostüme der Neuproduktion zeichnet der griechische, seit 43 Jahren in Frankreich lebende Bühnenbildner und Regisseur Yannis Kokkos verantwortlich. Kokkos, der seit 1987 europaweit als Opernregisseur arbeitet, inszeniert auch antike Stoffe im griechischen Theater von Epidaurus, etwa die Orestie oder Medea - gute Voraussetzungen also für Idomeneo.

Die Handlung spielt in einem reduzierten, fast leeren und von drei raumhohen, beweglichen Säulen, die je nach Standort enge und weite Räume bilden, strukturierten Bühnenbild. Den Hintergrund bildet eine Projektion einer wilden Meereslandschaft, das Lichtdesign (Patrice Trottier) taucht die Szene in dunkles blauschwarz. Die Regie von Yannis Kokkos konzentriert sich - ohne Aktualisierungsbemühungen - ganz auf den Stoff, auf die Personen und die Beziehungsverhältnisse untereinander. Die Antike als Folie für ewig unveränderliche Konflikte und Konstellationen, die Vater-Sohn-Beziehung, Pflicht und Neigung, Liebe und Eifersucht, Gesellschaft und Individuum, Religion und Staat, Konfrontation und Aussöhnung, Verzicht und Rückzug.

Für die Besetzung des Idomeneo hatte man den Tenor Kobie van Rensburg (Südafrika) gewonnen, der die Rolle bereits seit Jahren international verkörpert. Van Rensburg sang mit großer Expressivität und gestaltete ein differenziertes Rollenporträt, dass die langjährige Erfahrung in vielen Gesten und Regungen widerspiegelte. Sein Sohn Idamante, die amerikanische Mezzosopranistin Jennifer Holloway und die Sopranistin Henriette Bonde Hansen (Dänemark) als Ilia ließen gesanglich wie darstellerisch keine Wünsche offen. Eine Sensation war die Südafrikanerin Elza van den Heever als Elettra, ein dramatischer Sopran mit schönem Timbre und einer außerordentlichen Bühnenpräsenz. In den Nebenrollen: Donát Havár (Tenor) als Arbace, als Einspringer Colin Judson (Tenor) als Gran Sacerdote di Nettuno und Jerôme Varnier (Bass) als La Voce.

Die amerikanische Dirigentin Karen Kamensek favorisiert einen schlanken und zügigen Mozartstil mit dramatischen Zuspitzungen. Das Orchester des Grand Thèâtre (ONBA, Orchestre National Bordeaux Aquitaine) ist ein kongenialer Partner: Es verfügt über einen warmen Klang und eine exzellente Holzbläserfraktion. Exzeptionell der Opernchor - für Idomeneo essentiell - unter der Leitung von Jacques Blanc: klanglich homogen, kraftvoll und auch als Akteur präzise und überzeugend. Das konzentrierte Publikum in Bordeaux genoss den Abend sichtlich und ließ es schon während der Aufführung an Ovationen nicht fehlen. Am Ende große Begeisterung für das ganze Team, wobei die Elettra der Elza van den Heever und das Dirigat von Karen Kamensek den allergrößten Enthusiasmus hervorrief.

Dirk Ufermann

 




Fotos: Guillaume Bonnaud