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Fakten zur Aufführung 

DER JAHRMARKT VON SOROTSCHINZY
11. Oktober 2007
(Premierie: 29. April 2007)

Oper Bonn


Points of Honor                      

Musik

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BRAUCHTUMSABEND

Mussorgskij – sagt man – entwickelte einen neuen kritischen Realismus der Oper, vertrat die soziale Anklage, entwickelte die Psychologie der gebundenen Personen -- entwickelte mit dem „mächtigen Häuflein“ (u.a. Glinka, Borodin) neue russische Musik, nutzte dabei die populäre Volksmusik.

In Bonn ist von Kritik, Ironie, Provokation nichts zu spüren. Da ist ein fröhliches ukrainisches Völkchen zu bestaunen, das sich liebt, mäßig Wodka schluckt, schon mal ins lustige Stolpern kommt und einen harmlos spukenden Teufel beschwört -- alles wie bei einem malerischen Brauchtumsabend des Tourismus-Büros von Poltawa.

Und so reagierte denn auch das Bonner Beamten-Publikum mit lustvollem Beobachten der „komischen“ Aktionen und jauchzender Freude zum abschließenden Volkstanz.

Christopher Sprenger gibt dem Affen Zucker, lässt die musik-revolutionierenden Irritationen unberücksichtigt, gibt dem kreglen Beethoven Orchester Bonn freie Leine -- was zu einem unaufhaltsamen Potpourri russischer Volksmusik führt.

Die Sänger sind zu Karikaturen verdammt, geben mit authentisch-russischer Artikulation stimmlich ihr Bestes: Vera Baniewicz als Haus-Drachen Chiwrja mit beeindruckender Keif-Attitüde; Vladimir Baykov als tumber Tscherewik mit enormer baritonaler Durchschlagskraft; Anna Virovlansky als naive Parassja mit lieblicher Intonation; Aram Mikayelyan mit heller Stimme als verunglückt-liebeshungriger Popensohn: Sven Rakin, Andrej Telegin und Kamen Todorov lassen kraftvoll-agile Stimmen hören. Der Chor: stimmlich tadellos, aber in der Darstellung steif und rampenfixiert; erfreulich der unbefangen agierende und singende Kinderchor des Theaters Bonn!

Bei der Regie von Tony Palmer fragt man sich nach der Phantasie, angemessenes Bühnenhandeln zu initiieren.

Michael Scott schafft mit seiner Ausstattung ein Volksmusik-Pandämonium -- klischeehafte ländliche Idylle mit waberndem Nebel und malerische Kostüme wie aus dem Trachten-Shop.

Dass sowohl die Mussorgskij-Intentionen als auch das „kritische Volkstheater“ eine ganz andere Art von „Humor“ verstehen – das bleibt unbegreiflicherweise außen vor.

Ein verkorkstes Opern-Spektakel. (frs)

 


 Fotos: Theater Bonn