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Fakten zur Aufführung 

DARDANUS
(Jean-Philippe Rameau)
2. April 2004

Oper Bonn

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Pathos, Hirschgeweih und Schuhplattler

In der heutigen Zeit barocke Werke für den Spielplan wiederzubeleben, ist sicherlich eine faszinierende Sache: man sucht die Auseinandersetzung mit einer musikdramatischen Erzähl- und Musizierweise einer längst vergangenen Zeit. Das zentrale Anliegen der Tragédie Lyrique war die Reflektion der sozialen und menschlichen Werte des 18. Jahrhunderts. Es wurde in erster Linie der Verhaltens- und Tugendcodex der Trägerschicht der Gattung reflektiert. Die Tragédie Lyrique ist sinnliches Theaterspektakel, unter Aufbietung aller musikalischen und theatralischen Effekte. Diese Aspekte sollten bei einer Aufführung berücksichtigt werden, um einem solchen Werk gerecht zu werden.

Die musikalische Seite der Aufführung ist äußerst gelungen. Sie besticht in erster Linie durch ein klangschönes, nie aber akademisch "barock" musizierendes Orchester. Attilio Cremonesi musiziert die Partitur engagiert, präzise und mit Liebe zum Detail. Er vermag der schon von Rameaus Zeitgenossen als zu gelehrsam empfundener Musik manch leidenschaftliche Geste zu entlocken. Das Solistenensemble ergänzte diesen klanglichen Eindruck auf beeindruckende Weise.

Leider entsprach die Umsetzung auf der Bühne nicht immer der musikalischen Qualität der Aufführung. Das Bühnenbild (Bernhard Kleber) war ein Raum mit variablen Wänden, die mit Hirschgeweihtapeten versehen waren. Die Kostüme (Mechthild Seipel) vereinten barocke Elemente (gepuderte Perücken, Reifröcke etc.) mit zeitgenössischen Versatzstücken (Militäruniformen, Jeans, Krachlederhosen).

Die Regisseurin (Karoline Gruber) legt ihr Hauptaugenmerk auf die Liebesbeziehung zwischen Iphisine und Dardanus, deren Verlauf sie sensibel nachgeht, ihm manisch-depressive und bisweilen sogar autoaggressive Züge verleiht. Hier ergänzen sich Musik und Szene in idealer Weise, und die Szenen zwischen Iphisine und Dardanus gehören zu dem Schönsten, was die Aufführung zu bieten hat.

Eric Laporte bewältigte die sehr hoch gelegene Titelpartie des Dardanus mühelos und mit Bravour. Mit Mut zum Risiko gestaltete er die lyrischen Töne und die emotionalen Ausbrüche dieser anspruchsvollen Partie. Sabine Ritterbusch zeichnete ein packendes Rollenportrait einer Frau, zwischen Liebe und Gehorsam. Ansonsten taumelte die Inszenierung zwischen bayerischem Komödiantenstadel und Medienposse. Revueartig diese verschiedene Elemente aneinandergereiht: so erscheint der Zauberer Isménor (Andrej Telegin) als ultimative Mischung aus Lilo Wanders und Dame Edna.

Leider scheitern diese Szenen an mangelnder Doppelbödigkeit und darstellerischem Raffinement. Die Behandlung der Ballette (Choreographie: Christian Camus) erscheint ebenfalls gewöhnungsbedürftig. Die ironische Verfremdung durch Elemente aus dem Volkstanz (Schuhplattler) wirkt deplaciert und beraubt die in der Oper geschilderte Gesellschaft ihrer Glaubwürdigkeit, trotz der sehr guten und präzisen Ausführung durch den Opernchor.

Der sehr kurzweilige Abend hinterlässt, aufgrund der zusammenhangslosen Aneinanderreihung verschiedener Elemente, einen faden Beigeschmack. (tk)