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Fakten zur Aufführung 

LA BOHEME
(Giacomo Puccini)
30. September 2007 (Premiere)

Oper Bonn


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Das Enfant Terrible ganz zart, aber deutlich

Kein Skandal, sondern La Bohème: eine bittersüße Tragödie voller Liebe und Hingabe, aber auch Krankheit. Mimi und Rodolfo als Sinnbild der Liebe. Mimi leidet an Tuberkulose, stirbt am Ende. Bis dahin liebt sie Rodolfo hingebungsvoll. Dieser lebt mit drei anderen Künstlern, absolute Idealisten, in einer heruntergekommenen Wohngemeinschaft im winterlichen Paris.

Regisseur Dietrich Hilsdorf, ansonsten eher bekannt als Enfant Terrible, schafft es, in seiner Inszenierung prägnante Merkmale wie Kälte, Armut, Charaktere (Schriftsteller, Maler, Musiker, Poet) und das Paris der damaligen Zeit durch zarte, aber deutliche Details darzustellen: Von der Decke tropft es von einem Eiszapfen, Rodolfo nächtigt in einer Zinkbadewanne, der Maler Marcello malt mit den Händen und die Pariser Bevölkerung erscheint in gelungenen Massenaufläufen. Ein perfekt dargestelltes Chaos; in all dem erscheint ein sich küssendes homosexuelle Paar als Ruhepol, und scheinbar unauffällig wird eine Hure umgebracht. Hilsdorf durchbricht die klassischen Theaterregeln. Die Darsteller bilden eine Einheit und singen einander zu, nehmen dabei in Kauf, dem Publikum des Öfteren den Rücken zuzuwenden.

Die Stimmung der Oper wird durch die Bühnengestaltung unterstrichen. Dieter Richter verwandelt diese zu einem gemütlichen Heim, zeitgleich zu einer Bar und zu einem Marktplatz. Die Kostüme von Renate Schmitzer runden das perfekt gelungene Bild ab.  

Das Bonner Ensemble verschafft dieser Symbiose Kraft und Eleganz. Julia Kamenik stellt eine selbstsichere und aufrichtige Mimi dar. Ihr Charaktersopran gibt allen Arien eine besondere Note, auch den Duetten. Bülent Külekçi in der Rolle des Rodolfo erweist seine Liebe und Hingabe stimmlich und schauspielerisch. „Che gelida manina“ erntet Szenenapplaus. Aris Argiris (Marcello) und Martin Tzonev (Colline) verleihen ihren Rollen durch ihre sauberen und prägnanten Stimmen Glanz.

Mark Morause (Schaunard), Sigrún Pálmadóttir (Musetta) sowie Nikolai Miassojedov (Benoit) – einer von zwei Gastsängern – sind stimmlich stark. Unter der Leitung von Sybille Wagner stellt der Chor die Pariser Bevölkerung dar.

Den Darstellern gelingt es, Heiterkeit, Freude, Armut, ja Verzweiflung in das Publikum hineinzutragen.

Erich Wächter untermalt die durchgängig emotionale und höchst tragische Stimmung der Aufführung durch eine rationale und unverblühte musikalische Umsetzung. Das Beethoven Orchester läuft unter seiner Leitung zur Höchstform auf.

Eine gelungene Premiere mit wunderbaren Mitwirkenden, die verdienterweise vom Bonner Publikum mit tosendem Beifall bedacht werden. Bravi! (lr)

 


 Fotos: © Thilo Beu