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Fakten zur Aufführung 

Vivo!
Ein Abend mit Anna Netrebko und Massimo Giordano
13. September 2009

Jahrhunderthalle Bochum
RuhrTriennale


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Vivo! Ein Abend mit Anna Netrebko und Massimo Giordano

In die Reihe der großen und faszinierenden Liederabende der RuhrTriennale - man erinnere sich an das Bartoli-Barockrecital 2005 Un Viaggio nel barocco italiano in der Flimm-Ära - passt sich Vivo! auf höchstem Niveau adäquat ein. Von der Dramaturgie her hat der Abend nicht die akribische Stringenz der Bartoli, die sich auf ein Dezennium der italienischen Barockliteratur, der Zeit der opera proibita, festlegte. Vivo! gerät da mit einem bunten Potpourri musikalischer Visitenkarten um einiges zufälliger. Anna Netrebko und Massimo Giordano wählten Solos und Duette aus dem französischen und italienischen Standardrepertoire, die Duisburger Philharmoniker präsentierten sich unter der Leitung von Emmanuel Villaume mit den Ouvertüren zur Gounods Roméo et Juliette, Verdis Nabucco und einem Intermezzo sinfonico aus Puccinis Manon auch orchestral solo. Emmanuel Villaume, Dirigent auch der letzten Solo-CD der Netrebko ('Souvenirs', Prague Philharmonia), und die beiden Solisten motivieren die Duisburger zu ungeahnten Höhenflügen, insbesondere Puccini wird mit großer Delikatesse klangschön und -sinnlich, fein dynamisch abgestuft musiziert.

Dass Anna Netrebko weit mehr ist als eine 'hinreißende Sängerin für Leute, die mit den Augen hören', wie ein Stimmpapst einst despektierlich ätzte, ist von Anfang an nicht nur augen- sondern auch ohrenfällig. Mit unglaublicher körperlicher und geistiger Präsenz gestaltet sie vokal und gestisch die Arien und Duette zu regelrechten Minidramen, selbstbewusst, gut gelaunt und ihrer wohlklingenden Stimme vollständig sicher. Ihr voller, dunkel getönter, samtiger Sopran, der auch im Piano in der riesigen Jahrhunderthalle problemlos trägt und die Schönheit auch in der Höhe nicht verliert, wird nicht bedenken- und gedankenlos artistisch vorgeführt, sondern stets im Sinne des Rollenporträts einer Juliette, Lucia, Gilda, Adina oder Mimi stilsicher, glaubwürdig und auch sensibel eingesetzt. Netrebkos Tenorpartner Massimo Giordano, mit dem sie sich kein Sängerduell liefert, sondern zu dem sie ein ganz kollegiales und sympathisches Miteinander pflegt, ist nicht ganz auf dieser souveränen Höhe, Donizettis Una furtiva lagrima verwackelte ihm geradezu. Die Duette aus Rigoletto, L'elisir d'amore, La Bohème und La Traviata geraten nicht zuletzt dank der direkten und kommunikativen Spielfreudigkeit beider Solisten zu veritablen Bühnenszenen. In einer der drei Zugaben, Lehárs Meine Lippen, sie küssen so heiß, tanzt die Netrebko barfüßig, ausgelassen temperamentvoll quer über die Bühne, legt sich auf den Boden und umgarnt das Auditorium. Das Publikum, gänzlich in Hochspannung, selten so ruhig und konzentriert, dankte mit stehenden Ovationen.

Dirk Ufermann

 






 
Fotos: Paul Leclaire