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TOD AUF EINEM WEISSEN BETT
Die Bochumer Symphoniker haben sich
mit der Aufführung von "Tristan und Isolde" im Audi-Max der Ruhr-Universität
selbst übertroffen. In Kooperation mit der Opera North in Leeds, deren
Musikdirektor der Bochumer GMD Steven Sloane ist, wurde eine szenische
Aufführung für einen einzigen Termin realisiert, die gleich mit dem ersten
Bild ihren allerhöchsten Anspruch deutlich macht. Auf schiefen elliptischen
Flächern stehen Tristan und Isolde voneinander getrennt, in grünes und
blaues Licht getaucht. Wieland Wagners Bayreuther Aufführung stand hier
Pate, und es wurde Anschlussfähigkeit zu einer der stilbildenden Inszenierungen
des Neuen Bayreuth gesucht.
Wagner reduziert die Geschichte auf ihren überzeitlichen lebendigen Kern,
auf die existentielle Kraft der Liebe, die das eigentlich handelnde Prinzip
darstellt, nicht die Menschen. Diese Urgewalt wirkt durch Tistan und Isolde
hindurch, weder Isoldes Racheschwüre noch Tristans Loyalität zu König
Marke können sich ihr ernsthaft in den Weg stellen. Am Ende stirbt Tristan
in hellen und eindringlichen Bildern, allein auf einem weißen Bett. Woran
stirbt er eigentlich? Der Tod ist in der Oper Anlass für die schönsten
Schlussgesänge, und so erleben wir auch keine verzweifelte Isolde, sondern
eine gefasste, hoffende. In ihrer Trauer tritt Isolde aus ihrer Rolle
als Opernfigur heraus und wird zur Kammersängerin, die dem Publikum ihr
"Mild und leise" entgegenbringt. Das Licht macht klar, dass die Liebe
der beiden den Tod überdauert. Dieser Apotheose zum Schluss hätte es im
Grund nicht bedurft.
Die Partien waren nahezu ideal besetzt. Susan Bullock sang die Isolde
mit leuchtender Strahlkraft und war in dieser Rolle eine echte Entdeckung
ebenso wie Anne-Marie Owens als Brangäne. Mark Lundberg als Tristan wirkte
anfangs ein wenig überfordert und nicht immer intonationssicher, steigerte
sich jedoch und sang einen fulminanten dritten Akt. John Wegner überzeugte
als Kurwenal auf der ganzen Linie, stimmlich mit einem geschmeidig kultivierten
Bariton und szenisch mit schlanker Beweglichkeit. Wie aus einer anderen
Dimension schien Sir Donald McIntyre als König Marke getreten zu sein.
Mit einer unvergleichlichen Bühnenpräsenz sang Sir Donald sich in den
Wagner-Olymp.
Steven Sloane verstand es, die Bochumer Symphoniker, die große Aufgaben
zu lieben scheinen und den grauen Konzertalltag gerne einmal vergeigen,
zu leichtem und strukturiertem Spiel zu bewegen mit dem Mut zur unendlichen
Melodie und der damit verbundenen Emotionalität. Begeisterung war auch
dem von Rasmus Baumann geleiteten Philharmonischen Chor Bochum anzumerken,
der hervorragend aufgelegt war. Das Publikum bedankte sich für einen großartigen
Abend mit langanhaltenden Beifallsstürmen. (su)
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