Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

SCHUMANN, SCHUBERT UND DER SCHNEE
(Robert Schumann, Franz Schubert, Hans Neuenfels)
10. Oktober 2005 (Premiere)

RuhrTriennale
Jahrhunderthalle Bochum

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 

zurück       Leserbrief

Zwang des Singens

Hans Neuenfels nennt sein Opus „Oper für Klavier“, ist sich aber bewusst, dass sich die Fragilität des Liedes auf die Selbstbezogenheit der Akteure beschränkt. So versucht er, mit Verbindungstexten im Sturm-und-Drang-Duktus die Motivation für die Unausweichlichkeit des Singens zu schaffen (Felsensteins Vorstellungen des „singenden Manschen“ sind seine Quellen!). So gelingt die fiktive Begegnung zweier paranoider Musik-Genies zur Spurensuche extremer Charaktere unter den Aspekten Liebe und Tod.

Schumann wird konfrontiert mit Clara; Schubert wird aufgeteilt in Sänger und Schauspieler, umgeben von sexuell aufgeheizten Kumpanen; Elisabeth Toissenaar gibt die Clara mit den großen Gesten der klassischen Tragödien; Olaf Bär singt Robert im überwältigenden Fischer-Dieskau-Stil, weckt emotionales Mit-Leiden mit einem von Ängsten gequälten Charakter; Xavier Moreno interpretiert Schubert-Lieder mit intensiv Leidenschaft vermittelndem Timbre; die Schauspieler-Crew vermag neben darstellerischer Morbidität auch in gelegentlichem Ensemble-Gesang zu überzeugen.

Marcelo Amaral begleitet am Flügel sensibel, vermag in vielen guten Momenten die romantisch-verschatteten Klänge den ambivalenten Gefühlspositionen der Akteure musikalisch bewegenden Ausdruck zu verleihen.

Daniel Eberles Bühnenfläche mit weißen Blättern ergibt ein emotionales aufgeladenes Spielfeld, an drei Seiten vom Publikum umgeben – einströmendes Abendlicht gibt’s am 10. Oktober nicht mehr.

Das wie immer hoch aufmerksame Ruhr-Triennale-Publikum folgt den szenischen Umsetzungen von Hans Neuenfels mit gespannter Aufmerksamkeit – doch: die Faszination wird durch bildungsbürgerliches Rätseln um die Autorschaft der Lieder konterkariert „Was bedeutet das alles? Wer hat den Erlkönig komponiert?“). Aber die Zustimmung zu den erlebten modischen Zwängen wider die historischen Erwartungen führt zu überwältigendem Applaus für die Akteure. Das von Flimm weitergeführte Mortier-Konzept des „Musiktheaters der Emotionen“ findet (unbegriffene) Zustimmung. Die Ruhr-Triennale als Motor des Strukturwandels Ruhr läuft auf Hochtouren! (frs)


Fotos: © Mara Eggert