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Fakten zur Aufführung 

CENTURY OF SONG:
MERET BECKER, KATJA RIEMANN, BEN BECKER

30. August 2006

RuhrTriennale
Jahrhunderthalle Bochum

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Bühne

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Wenn Century of Song sich an Schauspieler wagt …

In diesem Jahr geben sich bei Century of Song erstmals Schauspieler die Klinke in die Hand. Gewürdigt werden soll – laut Programm – der Beitrag, den Film- und Bühnenstars für die Entwicklung von Songs geleistet haben. Den Auftakt machten Meret, Ben Becker und Katja Riemann. Es gelang, die musikalische Leistung der einzelnen Künstler zu demonstrieren. Zu einem runden Ganzen konnte der Abend trotzdem nicht finden.

Zuerst der Höhepunkt des Abends: Meret Becker mit der Gruppe Ars Vitalis. Mit ihrer intelligenten und gleichzeitig gefühlvollen Performance verzauberten sie das Publikum im Nu. Vor dem Bild eines durch den Kosmos fliegenden Schwans ging es auf eine temporeiche Reise durch Musikstile und Klangfarben – Abstecher zu Dadaismus, Slapstick und Kabarett inbegriffen. Hoch virtuos und oft mit einem Augenzwinkern boten die vier Künstler eine grandiose Show, die in Sekundenschnelle von nachdenklichen Passagen zu begeisternder Leichtigkeit wechselte. Dabei kamen um die zwanzig (!) Instrumente – von Singender Säge bis zur E-Gitarre – zum Einsatz. Beeindruckend war Merets wandlungsfähige Stimme, mit der sie erst zuckersüß Sleep Well Baby intonierte, dann eine „Hard-Core“-Fassung von Mary Poppins Chim Chimeney darbot. Die Zuhörer feierten die Künstlerin mit ihren exzellenten Musikern.

Dann folgte Katja Riemann. Strahlend schön wie eine Diva erinnerte sie an die großen Stars der 30er Jahre. Es war der letzte Auftritt ihres Oktetts, und dementsprechend melancholisch war die Wahl der Songs – nicht immer einfach für das Publikum, das zuvor von der temporeichen Performance Merets verwöhnt war. Chansons und Swing - die Musiker und Katja Riemann lieferten eine routinierte Show ab, zeigten in Soli mitunter große Kunstfertigkeit. Der Funke wollte trotzdem nicht überspringen, im Programm gab es zu viele Längen. Das Publikum quittierte die Leistung eher höflich als begeistert.

Das Gegenprogramm kam dann mit Ben Becker nach der Pause. Der Künstler präsentierte sich durchaus selbstironisch als Rockstar mit Kuscheldecke, pflegte aber vor allem seine Allüren auf der Bühne. Becker schien sich deplaziert zu fühlen – und das zeigte er. Mit dem sitzenden Publikum kam er nicht zurecht – ob man nicht die ersten Stuhlreihen zerstören könne? Warum es nicht mehr als drei Mikrohalter gebe, die er zerstören könne? - Mosern als Roter Faden der Performance. Es war das Unwohlsein eines Künstlers, der erkannte, dass sein Name zwar Publikumsmagnet war, seine Musik aber eindeutig vor der falschen Kulisse stattfand. So konfrontierte er über 60-Jährige mit uninspirierten Coverversionen von Rammstein- und Nirvana-Songs, griff sporadisch zur Publikumsbeschimpfung und zelebrierte vor allem sich selbst.

Mit seiner Ego-Schau spaltete er das Publikum, aber kalt ließ er keinen.Fast fünfzehn Prozent der Zuschauer hatten die Jahrhunderthalle nach dem zweiten Song verlassen. Einige standen den Auftritt durch, andere feierten Becker ausgelassen, auch wenn schlechte Akustik und Tonabmischung Beckers Textbotschaften zu einem kryptischen Geräuschbrei verschlüsselten. (sas)


Fotos: © Sven Thielmann