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Fakten zur Aufführung 

DIE ZAUBERFLÖTE
(Wolfgang A. Mozart)
24. November 2002

Theater Bielefeld

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COMEDY SURREAL

Ganz im aktualisierten Volkstheater-Gestus geht Gregor Horres die so häufig überpathetisch interpretierte Zauberflöte an. Eine Fülle überraschender Comedy-Effekte (Highlight: die alte Papagena als Frau Jaschke) benutzt theatrale Mittel als Feuerwerk reflektiert-volkstümlichen Theaters, zeigen autoritäre Resultate guruhafter Beeinflussung: Sarastros Heilslehre erzeugt graue Einheitsfiguren (wie die Blaumiesen in Yellow Submarine), allein die renitenten "Alternativen" bewahren ihre Individualität, während Tamino/Pamina im Schlussbild nur noch als Hochzeits-Portrait vorhanden sind.

Bühne und phantasievoll-charakterisierende Kostüme von Kirsten Dephoff geben die variablen Spielflächen für das surreale Geschehen und die Dialektik der Aufklärung: Wände mit Öffnungen, überraschende Versenkungen, subtil-ironische Requisiten, knalliges Donnern und Blitzen im Schikaneder-Gestus; die kluge dramaturgische Arbeit Roland Quitts provoziert geradezu enthusiastische Voraussetzungen für die Konzeptionen von Regie und Bühne.

Peter Kuhn unterstützt mit dem allerdings erst langsam auf Touren kommenden Philharmonischen Orchester der Stadt Bielefeld die Inszenierungsidee, konterkariert bewusst die Angebote zu eindimensionalem Pathos und gibt den Sänger-Darstellern viel Gelegenheit zu textverständlichem Singen.

Für Bielefelder Standards überraschend, ist nicht von sängerischem Glanz zu berichten: Luca Martin fehlt der lyrische Glanz des Tamino, Melanie Kreuter singt die Königin der Nacht koloraturensicher, aber vermag nicht zu brillieren; Victoria Granlunds Pamina ist selbstbewusst angelegt, beeindruckt durch weiches Timbre, lässt aber in der Phrasierung Wünsche offen; Hans Griepentrogs Sarastro vermeidet röhrende Bass-Orgien, überzeugt durch legatoreine Stimmkultur; Alexander Franzen fasziniert als unkonventioneller Papageno, seinem Spiel-Bariton fehlt die Durchschlagskraft. Corneli Isenbürger ist eine hinreißende Papagena, zunächst als schrullige Frau Jaschke, dann als peppiges Comedy-Girl mit geläufig-geschmeidigem Sopran; Alexander Marco-Buhrmester spielt und singt einen souverän-ironischen "Sprecher"; und Lassi Partanen überzeugt darstellerisch und stimmlich als hoffnungsloser Outcast Monostasos; die drei Damen - Ada Gunnars, Annina Papazian, Franziska Gottwald - tragen ihren Teil optisch und stimmschön zum Gesamteindruck bei; lobenswert die Präsentation der drei Knaben, weitab von Tölzer-Knabenchor-Klischees.

Im gut besetzen Bielefelder Haus - viele jugendliche Zuschauer! - herrscht eine atmosphärisch dichte Aufmerksamkeit. Offenbar gilt auch hier das neu erkannte kommunikative Prinzip des Sowohl-Als auch: Angebote für reflektierende Connaisseurs und sinnlich-stimulierender Duktus für die "Nicht-Eingeweihten"! Begeisterter Applaus. (frs)


Foto: © Matthias Stutte