Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

LA CLEMENZA DI TITO
(Wolfgang Amadeus Mozart)
10. Mai 2009 (Premiere)

Theater Bielefeld


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Betörender Gesang

In Prag begannen Mozarts Erfolge als Opernkomponist. Hier kamen Die Hochzeit des Figaro und Don Giovanni zur Uraufführung. Prag ist aber auch während der letzten Monate in Mozarts Leben ein wichtiger Ort. Hier wird die Zauberflöte vom Publikum gefeiert, gleichermaßen auch La Clemenza di Tito, ein Stück, das allerdings lange sehr im Schatten der Oper rund um die Königin der Nacht stand. Leichthin auf die Bühne zu stellen ist La Clemenza di Tito wahrlich nicht. Denn es braucht dazu vor allem sechs ausgezeichnete Solisten, die den Ansprüchen der Partitur Mozarts gewachsen sind.

Bielefeld hat solche Sängerinnen und Sänger, deshalb geriet die Premiere zu einem Triumph des Gesangs. Der ist von einem Niveau, das man an einem mittelgroßen Stadttheater nicht unbedingt erwarten kann - wovon die Inszenierung profitiert, die Wolf-Dietrich Sprenger hier vorlegt. Optisch macht sie nicht unbedingt viel her, will sie auch nicht, denn im Vordergrund stehen ganz klar die spannungsreichen Beziehungen und Konflikte der Protagonisten. Achim Römer baut dazu einen klinisch kahlen Thronsaal, von dem das Publikum mitunter nur die äußere Wand zu sehen bekommt. Türen sind darin, die Figuren kommen und gehen. Und dennoch knistert da etwas und man spürt, was Stimmen aus sich heraus vermögen. Dazu kommen die schauspielerischen Qualitäten der Sängerinnen und Sänger. Jeder Moment ist hier erfüllt mit authentischem Leben und echten Gefühlen. Da vermisst man zwingende Bilder oder analytische Tableaus nicht. Dieser Titus wirkt aus dem tiefen emotionalen Gestaltungsvermögen der Protagonisten heraus.

In der Titelpartie der einzige Gast dieser Produktion: Uwe Stickert singt mit ebenmäßigem und völlig unangestrengtem Tenor die Titelrolle, den römischen Kaiser Titus, der eigentlich auch ganz schön eitel und selbstsüchtig ist. Seine Gegenspielerin Vitellia, die ihn liebt und hasst zugleich, ist Melanie Kreuter. Sie legt am Schluss falsches Haar und echten Schmuck ab: alle Pseudo-Statussymbole also. Sie ist körperlich und seelisch am Ende - der eigentlich einzige selbstlose Mensch. Stimmlich perfekt, nuancenreich und darstellerisch ein echtes Ass.

Dshamilja Kaiser ist erst seit gut einem Jahr fertig mit ihrem Studium in Detmold. Als Titus’ engster Freund Sextus und Vitellias Liebhaber hin- und hergerissen zwischen Loyalität und Leidenschaft, liefert sie eine brillante Arie nach der anderen und erntet immer wieder stürmischen, lang anhaltenden Szenenapplaus. Ihre Stimme ist in allen Lagen absolut ausgeglichen und von zauberhaftem Timbre.

Cornelie Isenbürger als selbstbewusste und stimmlich untadelige Servilia und Christin Mollnar als Annius sind keineswegs nur schmückendes Beiwerk, sondern absolut ebenbürtige Partner der „großen Partien“. Und noch ein Nachwuchs-Talent macht auf sich aufmerksam: Torben Jürgens, Jahrgang 1983, überzeugt voll und ganz in der Rolle des kaiserlichen Vertrauten Publius.

Peter Kuhn wählt mit den Bielefelder Philharmonikern genau die richtigen (überwiegend raschen) Tempi, vermittelt vorwärts drängende Emotionen, hält aber auch betrachtend inne. Darüber hinaus glänzt Bielefelds GMD als einfallsreicher Continuo-Pianist am Hammerklavier.

Das Publikum schäumt schier vor Begeisterung, und dies bereits zur Pause – ein in der Westfalenmetropole eher seltenes Ereignis.

Christoph Schulte im Walde

 








Fotos: Matthias Stutte