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Fakten zur Aufführung 

DER STURM
(Zdenek Fibich)
31. März 2007 (Dt. Erstaufführung)

Theater Bielefeld

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Alles wird gut

1893 – Zdenek Fibich ist ein tschechischer Komponist, durch kultige Melodramen en vogue, der sich mit spätromantischer Attitüde und verinnerlichter tschechisch-sinfonischer Traditionen an eine Literaturoper nach Shakespeares philosophischem Drama Der Sturm macht. Bielefelds Deutsche Erstaufführung nach 114 Jahren belegt die große musikalische Attraktivität des vergessenen Werks.

Leo Siberski leitet als kompetenter Gast die blendend aufgelegten Bielefelder Philharmoniker mit viel Gespür für die vielfältigen Angebote einer reflektierten Musik. Da sind eindringliche Passagen eingängiger Nachdenklichkeit zu hören, da wechselt der Orchesterklang von sensibler Sänger-Begleitung zu Zwischenspielen mit schwelgenden Aufschwüngen – und da sind Harmonien und Rhythmen zu hören, die den aufregenden musikalisch-gebrochenen musikalischen Zeitgeist lebendig nachvollziehbar werden lassen.

Meik Schwalm gibt dem ambivalent-zaudernden Prospero mit flexiblem Bariton den überzeugenden Charakter des schließlich zur Milde gelangenden Philosophen. Melanie Kreuter und Luca Martin sind mit beeindruckender Präsenz und emotionaler Phrasierung voller Stimm-Schönheit das „feindliche“ Liebespaar Miranda/Fernando. Cornelie Isenbürger gibt dem Ariel viel quirlige Lebendigkeit und eine silberhelle Stimme, die dem geheimnisvollen Luftgeist authentische Dimensionen verleiht. Jacek Janiszewski, Simeon Esper und Mark Coles sind die hinreißenden Ur-Typen Kaliban, Trinkulo und Stefano. Die weiteren Rollen werden von den hochengagierten Mitgliedern des perfekten Bielefelder Ensembles mit kongenialer Empathie gespielt und gesungen. Dazu brilliert der Chor und Extrachor (Leitung Hagen Enke) mit exzellenten Auftritten.

Eine variabel nutzbare offene Raumkapsel auf der dezent-effizient eingesetzten neuen Drehbühne eröffnet Räume für ein intensives Spiel. Sandra Meurers Bühne verlegt die Handlung ins galaktische Irgendwo; Annette Breuers Kostüme dokumentieren die Ungleichzeitigkeit von aktueller Gesellschaft, schwebender Geisterwelt und anachronistischer „Natur“. Schwell-Köpfe, Kopfwesen verkörpern im Galapagos-Stil die rätselhaften „Seelchen“.

Michael Heicks, der Bielefelder Intendant, inszeniert seine erste Produktion im eigenen Haus. Er setzt auf die „spätromantische Zauberoper“ – und eine schlüssig-nachvollziehbare Inszenierungsidee ist nicht zu erkennen. Zentrales Defizit: Die Motive Prosperos werden nicht erkennbar. Eine offensichtliche „Literaturoper“ bleibt märchenhaft-diffus, ohne auf einen nachvollziehbaren Bedeutungshorizont zu fokussieren.

Die spektakuläre Wieder-Entdeckung lockt Opernfreunde von nah und fern in das ausverkaufte Haus. Die Zustimmung ist groß, beglückende Akzeptanz bestimmt die gespannt-konzentrierte Atmosphäre und langanhaltender Applaus dankt für den nachhaltigen Opernabend. (frs)

PS.: Die bedeutsame Aufführung wurde aufgezeichnet und wird vom Deutschlandsender Kultur gesendet.


Fotos: © Philipp Ottendörfer