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Fakten zur Aufführung 

LE NOZZE DI FIGARO
(Wolfgang A. Mozart)
19. September 2006 (Premiere)
Wiedereröffnung des Theaters

Theater Bielefeld

Points of Honor                      

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Glanzvoll: Musik und Gesang

Bielefelds neu eröffnetes Theater demonstriert gleich zu Anfang seine stupenden Stärken: ein Orchester höchster Spielkultur und ein Sänger-Ensemble von exeptioneller Qualität. Peter Kuhn führt die Bielefelder Philharmoniker zu luzidem Spiel, verzichtet auf interpretatorische Experimente, lässt Mozarts Ingenium leuchten, akzentuiert den unermesslichen Melodienreichtum, ohne auf das Herausarbeiten musikalischer Feinheiten zu verzichten – dabei immer im Einklang mit den Solisten auf der Bühne. Die erheblich verbesserte Akustik des ansprechend-funktionell erneuerten Hauses stellt hohe Anforderungen an Musiker und Dirigent; schon während der Aufführung zeigt sich die Fähigkeit zur sensiblen Nutzung des neuen Raumklangs.

Melanie Kreuter ist eine Gräfin mit höchst einfühlsamem Sopran, samtweich in den piani, geradezu schwärmerisch in der Emphase, agil in der mezza voce und traumhaft gefühlvoll in den Höhen. Alexander Marco-Buhrmester gibt dem Almaviva machohafte Statur, äußerst kraftvoll-variabel in der Phrasierung ambivalenter Gefühle, äußerst intonationssicher und mit bewundernswerter Einfühlsamkeit in Mozarts Intentionen (vor drei Wochen beeindruckte er in Bayreuth als Amfortas). Cornelie Isenbürger ist eine selbstsichere Susanna mit herrlich ausgeglichener Stimme, ohne Exaltiertheiten, dafür mit zuverlässig klangschönem Legato. Der Figaro Michael Bachtadzes wird zum leidenschaftlichen Rollenporträt eines Verunsicherten, stimmlich ausgewogen mit intensiv-kräftigem Timbre. Mit Claire Wild ist der Glücksfall eines burschikosen Cherubino zu erleben; sie singt mit aller juvenilen Frechheit, die schlummernde Leidenschaften aufblitzen lässt. Kaja Plessing gibt der forschen Marzelline ungewöhnliches Flair mit souveräner Stimmgebung, und Florian Mocks Basilio vermittelt die nötige Aasigkeit. Eine Ensembleleistung, die ihresgleichen sucht.

Nicholas Broadhurst entscheidet sich für ein lustvoll-erotisches Spiel, das zu konfliktreichen Krisen führt. Die Handlung ist in ein Wellness-Ambiente mit allem pipapo verlegt, verliert sich in akzidentiellen Gags und lässt erst im letzten Akt die Ernsthaftigkeit der Oper erkennen. Man fragt sich, was den ideenreichen Broadhurst dazu bringt, seiner kreativen Fantasie so unkontrolliert freien Lauf zu lassen und die musikalischen Vorgaben derart frivol zu ignorieren, ohne dem „Mythos Figaro“ neue emotionale Aspekte abzugewinnen.

Timo Dentler und Okarina Peter bauen eine Wellness-Bühne mit allen Ingredenzien einer Freizeit-Oase, vollgestellt mit entsprechendem Mobiliar; allein die Bademäntel im Schlussakt haben imaginative Funktion, lassen die so oft unglaubwürdigen Verwechslungsszenen plausibel erscheinen.

Im Auditorium zur „historischen Premiere“ natürlich viele „Theater-Besichtigungs-Gäste“; doch verbreiten die „wahren“ Opernfreunde intensiv empfundene Premieren-Stimmung mit rauschendem Schluss-Applaus. (frs)


Fotos: Stutte