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Fakten zur Aufführung 

LUISA MILLER
(Giuseppe Verdi)
22. September 2007 (Premiere)

Theater Bielefeld

Points of Honor                      

Musik

Gesang

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Kabale: Zeitlose Gewalt

Der Abend ist ein Triumph vollendeten Operngesangs – psychologische Genauigkeit, Verdi-gerechte Intonation und virtuose Dynamik ergeben ein (Liebes-)Drama weitab von jedem kollektiven Pathos oder stimmlicher Selbstdarstellung! Melanie Kreuter ist eine mädchenhafte Luisa, die an den Intrigen gegen ihre unschuldige Liebe zerbricht. Es ist ein sensibler Sopran zu hören, der durch warme Pianissimi und ein betörendes Timbre zu Herzen geht – und mit emotional bewegenden Koloraturen und brillanten Verzierungen die Faszination des Belcanto-Singens interpretiert. Hector Sandoval ist ein leidenschaftlicher Rodolfo mit tenoraler Strahlkraft, wie sie nur selten mit dieser Gefühls-Dramatik zu hören ist – sensationell! Alexander Marco-Buhrmester gibt dem Miller nicht nur ehrpusselige Statur: sein variantenreich-kraftvoller Bariton vermittelt kämpferische Akzente mit souveräner Beherrschung der durchaus diffizilen Tessitura. Jacek Janiszewski beeindruckt als gebrochen-skrupelloser Machtmensch Walter mit enormen stimmlichen Möglichkeiten. Susanne Reinhard gibt der Federica ambivalent-changierenden Klang mit klangschön-variantenreichem Sopran. Dshamilja Kaiser nutzt die „kleine“ Rolle der Laura zur Präsentation ihrer voluminösen stimmlichen Potenz. Lassi Partanen gibt dem „Beamten“ angemessene Präsenz. Und Michael Bachtadze ist ein Wurm mit allen Ingredienzien eines Widerlings – stimmlich vor allem im brutalen Angriff im Vollbesitz einer schnörkellosen Stimme, aber auch in den hinterhältigen Passagen mit der nötigen Abgründigkeit!Die Chöre des Bielefelder Theaters engagieren sich als tragende Kollektive der Inszenierung mit verblüffender Klang-Disziplin (Hagen Enke).Peter Kuhn hat mit den heftig auftrumpfenden Musikern der Bielefelder Philharmoniker seine liebe Müh’: da klingt die Ouvertüre ruppig, da wird zu oft auf Lautstärke gesetzt, und da werden die Instrumenten-Soli zur musikalischen Selbstdarstellung – wunderbar herausgearbeitet allerdings – die kunstvoll Spannung erzeugenden Pausen!Die junge Regisseurin Helen Malkowsky überzeugt mit einem klar nachvollziehbaren Konzept: Da ist eine Welt der Bösartigkeit, Hinterhältigkeit und Überwachung, in der die unschuldig-spontane Liebe keine Chance hat. Im ruhigen, aber intensiven Duktus des (selbst)zerstörerischen Geschehens spielen die kleinen Gesten und Bewegungen die entscheidende Rolle. Genial die Aufteilung des Chors in die realen Funktionsträger und eine quasi griechisch-tragödienhafte Gruppierung sehr innovativ und außerordentlich sinn-stiftend!Harald B. Thors Bühnen-Architektur versetzt die Akteure in eine zeitlose Bürokraten-Hermetik, verweist mit diffizilen Hinweisen auf die Zeitlosigkeit der „Kabale“ – auf die permanente Bedrohung in zwängenden Räumen. Dem entsprechen die zurückhaltend-sinnvermittelnden Kostüme von Tanja Hofmann.Zwei Pausen zerhacken die Konzentration auf Gesang und tiefere Bedeutung – man fragt sich nach dem Sinn dieser brutalen Maßnahme. Das ostwestfälische Publikum – inklusive der Paula Klütenbrinks aller Altersstufen – lässt sich zu standing ovations hinreißen. Das Theater Bielefeld feiert Triumphe – fragt sich, wann die Feuilletons das angemessen zur Kenntnis nehmen. (frs)

 




Fotos: Matthias Stutte