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Fakten zur Aufführung 

DIE JUNGFRAU VON ORLEANS
(Peter I. Tschaikowsky)
23. Dezember 2005 (Premiere)

Theater Bielefeld

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Bühne

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Emotionen per Gesang

Überraschend: Konzertante Aufführungen in der Bielefelder Oetkerhalle (siehe Kommentar) hatten ihre spezifisch-theatrale Atmosphäre. Nun: konventionell, Orchester vorn, Sänger an Pulten, Übertitelung hoch oben an der Saaldecke. Warum dieser künstlerische Rückschritt?

Das Bielefelder Ensemble bietet Operngesang auf höchstem Interpretations- und Phrasierungsniveau (bei Verzicht auf jeglichen szenischen und darstellerischen Hauch mögen die technischen Vokabeln erlaubt sein): Kaja Plessing gibt der Johanna naive Leidenschaft und erschütternde Opferbereitschaft – eine Sängerin mit ungemein intensiv-emotionaler Aura! Stimmlich bravourös der junge polnische Bassist Janiszewski als relligiös-fanatischer Vater Thibaut. Abgeklärt bei aller Leidenschaft Alexander Marco-Bahrmester als Lionel mit intensiv-stimulierendem Bariton. Iveta Jirikova – eine cool-erotische Erscheinung im blauen Abendkleid – wie Tippy Hedren in Hitchcocks Filmen – gibt der Agnes hochkarätige Soprankraft. Luca Martin gibt dem Karl sensibel-anrührende Stimme; Michael Bachtadze verleiht dem Dunois sonore Stimme; Michael Leibundgut ist ein kraftvoll-intonierender Erzbischof; und Simeon Esper gibt dem liebenden Raimond emotionalen Klang; das gesamte Ensemble beweist die lustvolle Freude an emotional-ausdrucksstarkem Singen.

Unter dem intensiv agierenden Kevin John Edusei intonieren die Bielefelder Philharmoniker einen hochdramatisch-emotionalen Tschaikowsky, weitab von allen Klischees angepasster Romantik, eher die modern-aggressiven Momente in der Komposition betonend – eine ungemein kraftvolle Musik, wie auch der großartige Chor (Hagen Enke) dem konzertanten Ereignis gestaltende Kraft gibt.

Das aufmerksam-mitgehende Publikum in der nicht ausverkauften Oetkerhalle feiert Orchester, Chor und Sängerensemble mit Emphase – zurecht. Und es bleibt zu hoffen, dass die neue Theaterleitung auf die immense musikalische und sängerische Potenz des traditionsreichen Hauses setzt und sich nicht in die lichtlosen Abgründe des platten Witzes verliert. (frs)


Foto: © Stutte