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Fakten zur Aufführung 

KANN HEIDI GEBRAUCHEN, WAS ES GELERNT HAT?
(Felizitas Ammann, Leo Dick, Tassilo Tesche)
6. Juni 2008 (Uraufführung)

Theater Bielefeld


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Heimatklischees

Schweizer autochtone Klischees, authentisch assoziationsreich „verfremdet“ - so präsentiert Leo Dick das schweizerische National-Epos der kindlich-heimatstilisierenden Heidi, spielt mit den nicht nur schweizweit eingebrannten Figuren und balanciert dabei auf dem lustvoll arrangierten Grat eines trügerischen Heimatbegriffs.

Vor dem Bielefelder Kleinen Haus tönen Alphornklänge aus Giebelöffnungen über den fast mediterran wirkenden Alten Markt, gibt es ein bizarres Almhüttenszenario im engen Foyer, bevor es im intimen Auditorium zur effektvollen Sache geht:

Da sitzt Klara vor einer verschachtelten Schultafel-Wand, erinnert sich an Heidi, wird „umsorgt“ von der Spyri-Personnage und begleitet von urtümlichen schweizerischen Musikinstrumenten. Roland Hüve und Tassilo Tesche schaffen dazu verblüffend wechselnde Raumkonstellationen, öffnen die Bühne über einen Steg ins Publikum, imaginieren die Alpengipfel mit einer Leiternkonstruktion und das Licht der Höhe durch bewegliche Spiegelwände. Felizitas Ammanns Libretto aus Textfetzen, thematischen Andeutungen, vokalen Elementen und mehrsprachigen Einsprengseln findet konkrete Entsprechung.

Es entsteht der Eindruck von Klanginstallationen mit Alphorn, Hörnern, klappernden Löffeln, Klavieren, Harmonikas, Zither, singenden Gläsern und Sägen - die alles im Stil einer Performance: Musiktheater trifft auf avancierte bildende Kunst.

Titus Engel leitet das musikalisch kalkulierte Tohuwabohu, koordiniert die abrupten Instrumenteneinsätze und wird selbst zum Teil des Geschehens.

Danielle Bonito Salès verkörpert eine fast stoisch Heidi-assoziierende Heidi; mit Annekatrin Klein als zickige Frau Rottenmeier, Titus Engel als Kandidat, Daniele Pintaudi als Sebastian, Stefan Imholz als Doktor, Helmuth Westhausser als Alpöhi, Christin Mollnar als Großmutter, Swantje Tessmann als Brigitte und Mathias Z. Bühler, Samuel Stoll und Martin Klein als Peter in drei Variationen sind Allround-Künstler zu erleben, die mit Sprechgesang, komplizierten Vokalisen, geforderter Pantomime und der Bedienung skurriler Instrumente blendend fertig werden.

Im Bielefelder Publikum herrscht vergnügliches Beobachten und irritiertes Zuhören – lebhafter Beifall am Ende. Die Zuschauer in Bern im September und im Berliner Radialsystem im November können sich auf einen phänomenal-absurden Theaterabend freuen! (frs)

 






Fotos: Matthias Stutte