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Fakten zur Aufführung 

DER FREISCHÜTZ
(Carl Maria von Weber)
15. März 2002 (Premiere)

Theater Bielefeld

Points of Honor                      

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MAX DER SPIESSER

Agathe, die Schöne und Gute, ist das Opfer: feindselig umstellt von einer aggressiv-bornierten Biedermeier-Clique; verlassen von Max, dem traumatisierten Spießer, der auf seinem Weg ins Irrenhaus an seiner hermetischen Psyche scheitert - von "wahrer Liebe" keine Spur! Gregor Horres rekurriert in seinem Inszenierungskonzept auf die ursprüngliche literarische Vorlage, konterkariert Friedrich Kinds Biedermeier-Attitüde, setzt auf Traumata, Verdrängungen, Selbstbezogenheit ohne Flucht in die Idylle. Doch werden diese beunruhigenden Elemente ohne zwingende Kohärenz "erklärt", werden nicht zum existentiell-nachvollziehbaren Theater-Erlebnis (von einer spröden Wolfsschlucht ganz abgesehen).

Ebenso geht es dem öden, mit ironischen Accessoires (Gewehre, Hirsch) ausgestatteten Räumen Kirsten Dephoffs, das intellektuell interpretierbar ist, aber auf theatrale Effekte verzichtet.

Für die Solisten ergeben sich schwer zu lösende Darstellungsprobleme, die allerdings von den vier Haupt-Protagonisten brillant gelöst werden: Mit Luca Martin ist ein paranoider Max zu erleben, der sowohl körpersprachlich als auch physiognomisch in der Rolle aufgeht - dabei stimmlich die psychischen Befindlichkeiten ungemein intonationssicher artikuliert, weit entfernt von heldentenorhaftem Getue. Alexandre Vassiliev ist der getriebene Böse mit einem volumenreichen, phrasierungsfähigen Bariton. Das Ännchen Cornelie Isenbürgers ist das koloraturensichere Naturkind und Karine Babayanyan eine geopferte Agathe - sängerisch eine Offenbarung: subtile piani, perlende Höhen, gradezu suggestive Tiefen!

Dazu entwickelt das Bielefelder Philharmonische Orchester unter dem aufmerksamen Peter Kuhn eine luzide Klangkultur, die mit der Gebrochenheit der diffizilen Partitur Webers sensibel zwischen angedeuteten Romantizismen und abgründiger Attitüde differenziert.

Das gespannte Publikum weiß allerdings mit dem enigmatischen Konzept wenig anzufangen, kann sich nicht begeistern, aber auch nicht echauffieren: langanhaltender Applaus für das Ensemble und das Orchester, eher ratlose Reaktion auf das Regie-Team, das allerdings ohne Regisseur an die Rampe tritt! (frs)