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Fakten zur Aufführung 

DIE FRANKLIN-EXPEDITION
(Cong-Su)
15. September 2000
Premiere der Uraufführung

Theater Bielefeld

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KEINE FORTSCHRITTS-ILLUSIONEN

Der zum Scheitern verurteilte Wahn des Machbaren ist Gegenstand einer multimedialen Kollage auf der perfektionistischen Bühne des renommierten Bielefelder Musiktheaters. Als Auftragsproduktion wird Lutz Hübners "Franklin-Expedition" mit der Streich-Quartett-Musik von Cong Su mit allen theatralen Mitteln präsentiert.
Mitte des 19. Jahrhunderts wollten die Engländer mit strotzendem Selbstbewusstsein die Nord-West-Passage als arktischen Seeweg nach Asien erzwingen; die Expedition Franklins scheiterte, die Schiffe blieben verschollen.
Lutz Hübner entwickelte eine fast dokumentarische Collage aus Akten der Admiralität, Briefen der Beteiligten und filmischen Einspielungen. Optisch beherrschend: Filmsequenzen nach Flahertys legendärem Film "Nanook of the North" von 1922, historische Ereignisse ins Milieu hineintragend, das Leben als Kampf zeigend - bei Hübner sowohl im viktorianischen England als auch im unwirtlichen Polargebiet.
Tom Presting (Bühne) nutzt die Projektionen und ein Regal mit Überlebensapparaturen als Möglichkeiten der schwierigen Darstellbarkeit zivilisationskritischer Reflexion. Lutz Hübners Regie zeigt exemplarische Personen - Franklins Witwe, einen Eskimo im akuten Lebenskampf, gegenständliche Motive elementar umsetzend, wenige, aber hochkalkulierte Bewegungen. Dazu begleitet, verstärkt und kommentiert das Bielefelder Florestan-Quartett mit präziser minimalistischer Musik von Cong Su, dem begnadeten Schöpfer oscar-prämierter Filmmusiken (Bertoluccis Letzer Kaiser). Abgesehen von zitierten Liedtexten gibt es keinen Gesang, die fantastischen Schauspieler bringen ihre Kunst als Sprecher und Darsteller ein. Blixa Bargelds per Tontechnik vermittelten Kommentare verbinden die Szenen.
Avanciertes (Musik-)Theater verzichtet auf die Illusionsmechanismen der Oper, vermittelt den "Ton von Unheil" (Adorno), konfrontiert das Auditorium mit imaginativer Sensibilität, und findet die kommunikative Verbindung sowohl zwischen den Bühnenfiguren als auch zum Publikum.
Ob des genreüberschreitenden Opus reagierten Teile des Premierenpublikums irritiert, doch gewannen schlussendlich die Kraft des Sujets, die Perfektion der Produktion mit dem Zusammenspiel die emphatische Zustimmung! (frs)