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Fakten zur Aufführung 

THE SCARLET PIMPERNEL
(Frank Wildhorn)
6. März 2010 (Premiere)

Theater Bielefeld


Points of Honor                      

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Liebe in Zeiten der Revolution

Er kommt ein wenig wie der Robin Hood der feinen Gesellschaft daher: Sir Percy Blakeney, einer der reichsten Männer Englands, empört sich über den Blutrausch jener, die in Frankreich die Guilloutine quasi heiß laufen lassen und alles Hochherrschaftliche, was sich der Revolution als deren Feind entgegen stellt, kurzerhand einen Kopf kürzer machen. Percy Blakeneys Paris-Aufenthalt wird begleitet von all diesen unschönen Eindrücken, wird aber auch versüßt durch die Bekanntschaft mit Marguerite Saint-Just, die Blakeney ziemlich umgehend ehelicht. Blakeneys Rettungsinstinkt ist geweckt, er kämpft wie ein royalistischer David gegen alle rohen – weil revolutionären - Goliaths. Wie einst Robin Hood schart der Retter der noch zu Köpfenden ein Team von Leuten um sich, die alle das gleiche Ziel verfolgen. Der Kampf kann beginnen. Das geheime Zeichen: das scharlachrote Siegel oder: „The Scarlet Pimpernel“.

Wie in der großen Oper verschränkt sich auch hier, in Frank Wildhorns 1997 am Broadway uraufgeführtem Musical große Politik mit großer Liebe, die Marguerite Saint-Just hin- und herreißt. Hier ihr frisch angetrauter Edelmann, dort der „Bürger Chauvelin“, der offensichtlich auch mal ihr Liebhaber gewesen war. Und immer eine überschaubare Dosis Action auf der Bühne. Das ist vor allem hübsch anzusehen dank der opulenten Kostüme, die Christof Cremer zusammen mit dem Bühnenbild entworfen hat. Das grenzt schon fast an Überreizung der Augen, besonders dort, wo sich Percy Blakeneys Kumpane in ähnlich übertrieben geckenhafte Verkleidungen schmeißen wie der Anführer selbst. Als dandyhafte Modefetischisten suggerieren sie politische Unschuldigkeit, mutieren zu einer Schwulen-Armada, als müssten sie um die Krone beim Christopher Street Day ringen.

Vieles an der Inszenierung, die Roland Hüve präsentiert, ist lustig, amüsant und witzig. Vieles ist aber auch einfach übertrieben, zu breit ausgewalzt und oftmals auch sehr klischeehaft und eindimensional. Ein Vorwurf indes, der sich im Großen und Ganzen an Frank Wildhorns Musical insgesamt richtet, speziell aber auch an das Buch und die oft äußerst schlichten Gesangstexte von Nan Knighton. Handwerklich ist die Arbeit des Regieteams völlig in Ordnung, kommt ohne überflüssigen Budenzauber aus, auch ohne technischen Schnickschnack.

Wildhorns musikalische Einfälle, wenn überhaupt davon die Rede sein kann, sind dürftig. Der Mann liebt die große Septime, weiß um die rhythmische Wirkung einer Hemiole und meint, sein Publikum mit den ewig gleichen Rückungen überraschen zu können, also damit, dass die Combo im Terzabstand Haken schlägt. Es ist die Wiederkehr des ewig Gleichen, es ist zudem auch die Überdosis an Sentimentalität. So wenig musikalische Substanz wie Wildhorn hat nur noch Lloyd Webber in seinen am wenigsten gelungenen Musicals. William Ward Murta am Pult der Bielefelder Philharmoniker macht das Beste daraus. Glückwunsch!

Gesungen wird ordentlich – und so, wie man es von Musical-Profis erwartet. Veit Schäfermeier und Karin Seyfried als frisch verheiratetes Paar haben ganz viel Schmelz in der Stimme, Alexander Franzen als Chauvelin, der Protagonist der Revolutionäre, darf etwas rauer tönen, Dirk Mestmacher als Marguerites Bruder mobilisiert seinen klaren, etwas neutralen Tenor, Sarah Kuffner steht als Künstlerin Marie Grosholtz auch stimmlich mitten im Leben. Die vielen kleineren Rollen machen ausnahmslos und allesamt eine gute Figur.

Dem Premierenpublikum gefiel der Musicalabend, bereits zur Pause wurde begeistert applaudiert.

Christoph Schulte im Walde

 








 
Fotos: Matthias Stutte