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Fakten zur Aufführung 

IDOMENEO
(Wolfgang A. Mozart)
15. April 2006 (Premiere)

Stadttheater Bremerhaven

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Vater-Sohn-Konflikt

„Idomeneo“ – Mozarts Oper als einer der letzten Höhepunkte der musikalischen Gattung der Opera seria, im Mozartjahr aufgeführt am Stadttheater Bremerhaven, das damit respektvoll seinen Beitrag zu diesem Jubiläum leistete. Und das gelang wunderbar.

Stilvoll modern inszenierte Anette Leistenschneider die Geschichte um den König von Kreta, der nach seiner Rettung aus Seenot durch den Meeresgott Poseidon als Dank den ersten Menschen opfern soll, der ihn bei seiner Rückkehr begegnet. Das ist tragischerweise sein Sohn Idamantes. Nach zahlreichen Abenteuern und Verstrickungen sieht Idomeneo als einzigen Ausweg, sich selbst zu opfern. Die Regisseurin, die hier bereits ihren zweiten „Idomeneo“ nach ihrer Arbeit in Kiel 1997 vorlegt, konzentrierte sich diesmal auf den Vater-Sohn-Konflikt. Idomeneo, der nur schwer auf seine Machtposition verzichten kann, um sie an seinen Sohn abzutreten, wird hier als Parallele gesehen zu Vater Leopold Mozart und seinem Sohn Amadeus.

Als die Opernfiguren Vater und Sohn treten sie im Stil ihrer Zeit auf, beobachten das Geschehen auf der Bühne am Rande. Das ist eine geglückte Regieidee. Ebenso der rote Pfahl als Bild für die Macht der Götter und des Schicksals, der sich mit seiner Spitze allmählich in den Bühnenboden zu bohren scheint.

Das Bühnenbild (Ausstattung: Karel Spanhak) ist in seiner Einfachheit mit den an antike Vorbilder erinnernden Säulen und einer geschickt bewegten Drehbühne die Grundlage für den optischen Eindruck und Raum für die Darsteller.

Und die gaben beste Leistung. Allen voran Mirko Roschkowski, der in der Hauptrolle mit seinem geschmeidigen und wohlklingenden Tenor entzückte und die schwierig zu singenden Koloraturen meisterte. Franka Kraneis als Ilia stand ihm in nichts nach. Sie brillierte mit leichtfüßig geführtem Sopran und Natürlichkeit und zeigte sich als Mozart-Sängerin mit großem Potenzial in dieser Stilistik. Als Idamantes erfreute Olivia Saragosa, die sich mit ihrem gefühlvollen Mezzosopran im Laufe der Vorstellung merklich steigerte. Ihren Part als sich vor Eifersucht verzehrende Elektra gestaltete Melanie Maennl mit Temperament und Bühnenerfahrung. Dass sie von der Statur her im Vergleich zu ihrem geliebten Idamantes unharmonisch wirkte, konnte sie dennoch nicht ausgleichen. So blieb diese Konstellation zwangsläufig konturlos im Hintergrund, fast unglaubwürdig. Das ist allerdings nur der Regie anzulasten. Die übrigen Sänger, so besonders Michael Dewis als Arbaces, Tomasz Kwiatkowski als Oberpriester, überzeugten durch Stimme und Bühnenpräsenz. Auffallend positiv übertrug sich die meistens hervorragende Textverständlichkeit der hier in deutscher Sprache gesungenen Oper.

Hartmut Brüsch leitete das Städtische Orchester und den solide agierenden Chor (Einstudierung: Sierd Quarre) mit Verve durch die Partitur. Da blieb zwar nur selten Spielraum für das Abgründige des Werkes, doch dem guten Gesamteindruck tat das keinen Abbruch.

Bedauerlich ist, dass die Premiere vor halb gefülltem Haus stattfand. Das ist für den auswärtigen Besucher kaum zu verstehen. Man muss gar nicht weit fahren, um das ganz anders zu erleben. Das Publikum in Oldenburg würde seinen hoch geschätzten Künstlern diese Peinlichkeit nie antun. Um es dieser Liebe Oldenburgs zu seinem Theater gleichzutun, bedarf es noch eines längeren Weges. Vielleicht sind es ja schließlich die auswärtigen Besucher, die nach ihrem Besuch des Auswanderermuseums, der Sail 2006, des neuen Columbus Cruise Center oder der noch im Bau befindlichen Tourismus-Landschaft rund um den neuen und alten Hafen mit dem Klimahaus 8 Grad Ost noch ins (nahe gelegene!) Theater gehen, um den Aufenthalt in der Stadt am Meer niveauvoll ausklingen zu lassen und die dann die Bremerhavener Bürger mitreißen ...

Verlust: Mirko Roschkowski wird nach dieser letzten großen Rolle in Bremerhaven ins Ensemble der Deutschen Oper am Rhein wechseln. (gh)