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Dialektik der Aufklärung
Für ein bemerkenswert unprätentiöses Publikum - nicht opern-festlich,
eher Familientheater, keine Kenner, aber unbefangen kritisch - ist Harry
Kupfers "Zauberflöte" in ihrer Mischung von altem Märchenspiel und kritischem
Theater geradezu ideal. Die spielerische Dialektik zu erleben, wie "das
Volk" die patriarchalische "Aufklärung" der weisen alten Männer konterkariert,
das ist nicht nur ein intellektuelles Vergnügen - da sind ja auch noch
die identifikationsstiftenden Personen in liebevoller Präsentation.
Valerie Lewentals Bühne spielt mit all diesen Elementen, verlegt das Spiel
auf ein historisierendes Podest (".die Bretter aufgeschlagen") mit ebensolchen
wechselnden Versatzstücken aus den Versenkungen, Papageno entschlüpft
einem Ei.
Das Produkt beispielhafter Ensembleleistung lebt auch von der Spielfreude
der Sänger: Funnur Bjarnason als zweifelnder Tamino, Maria Bengtsson als
bedrängte Pamina. Herman Wallen als Naturbursche Papageno, Jens Larsen
als statischer Sarastro, Akie Amon als glitzernde Königin der Nacht -
dazu lebhaft-engagierte Solisten in allen Rollen!
Die junge Judith Kubitz dirigiert das muntere Orchester der Komischen
Oper mit leichter Hand. Keine Mozart-Sentimentalitäten, dafür Singspiel-Attitüde,
manchmal mit Unsicherheiten im Tempo und in den fließenden Übergängen.
Die Komische Oper demonstriert auch mit der älteren "Zauberflöte" (Premiere
1999) ihr Profil im Zusammenspiel der drei Berliner Opernhäuser: durchaus
politisch akzentuierend, mit der Leidenschaft eines jungen Ensembles,
musikalisch weg von den Klischees, für ein Publikum, das mit der Hochkultur-Weihe
nichts am Hut hat. Viel Erfolg! (frs)
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