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Lebensgefühle
Es ist eine RAPsodie - eine "Rap-Oper" über erschreckende Situationen
der jungen Generation, geprägt von physischer Gewalt, sexuellen Bedrängungen,
Drogenrausch und verschärften "klassischen" Alltags-Aggressionen. Matthias
Messmer inszeniert stilgerecht, versetzt die Darsteller in einen pulsierenden
Wechsel on Hektik, Unterwerfung, Tanz und suspense.
Der langgestreckte Raum von Beata Hundertmark gibt Raum für dramatische
Konstellationen, kommerziert Aggressionen pur.
Rainer Killius setzt Synthesizer und Sampler mittels ausgetüftelter Tontechnik
effektiv ein, sackt nie in die Niederungen des Pop-Rap ab, vermittelt
soziale Brutalität in differenzierten Klang-Eruptionen und erzeugt Gefühle
des Bedrohtseins. Bedrohend die Linguist-Texte: verbale Attacken, aggressive
Behauptungen, emotionale Ausbrüche, hermetische Sentenzen - aber niemals
Versuche der Reflexion, kommunikativ-begründeter "Erklärung", ein hämmernder
Ablauf unbegriffener Selbstverwirklichung.
Das Ensemble beeindruckt durch exzeptionelle performance: Frank Abloth-Odjidja,
Marco A. Bilep, Dominik Schulz und Frederika Haas "leben" diese Typen,
geben sich aus, sprechen, singen, rappen, tanzen, rennen, stürzen, schlagen
- die Kämpfe der West Side Story sind dagegen betuliche Operette.
Typisch für die Neuköllner Oper die schrille Mischung des Publikums: die
elaborierten "Kenner" zwischen den Stammgästen aus dem Kiez. Von allen
donnernder Applaus im akustisch dichten "Schlauch" - bei einigen, zumal
älteren, Besuchern spürbares Entsetzen über die Begegnung mit dem offengelegten
Lebensgefühl einer "fremden" Generation. (frs) |
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