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Fakten zur Aufführung 

DAS LAND DES LÄCHELNS
(Franz Lehar)
6. Juli 2007

Komische Oper Berlin

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Fremde - global

Kirill Petrenko akzentuiert mit dem wunderbar-kraftvollen Orchester der Komischen Oper Berlin bislang nicht gehörte Lehar-Töne. Der Tauber-Schlager-Komponist war offenbar in der Musik der 20er Jahre durchaus zu Hause, beherrschte die Weill-Attitüde und scheute auch nicht vor „schrägen“ Tönen zurück, und seine Anleihen bei östlichen Klängen sind nicht nur kurioses Dekor.

Die inspirierende Abwesenheit operettöser Schmalzigkeit bedingt auch den differenzierten Gesang der fantastisch spielfreudigen und stimmlich flexiblen Solisten. Stephan Rügamers Sou-Chong ist weit weg von allen Operetten-Klischees, interpretiert die Gebrochenheit eines ambivalent-verstörten Charakters – stimmlich emotional kalkuliert, bewusst zurückgenommen. Tatjana Gazdik gibt der Lisa verstörend-sentimentalen Klang, lässt ihrem klangschönen Timbre extreme Höhen und Tiefen vermitteln. Tom Erik Lie spielt einen verunsicherten Gustl, singt mit wunderbar-ausdrucksvollen Zwischentönen. Karen Rettinghaus brilliert als pseudo-naive Mi. Das bewährte Ensemble der Komischen Oper glänzt mit exzellenten Einzel-Szenen.

Peter Konwitschnys Konzept einer „tragischen Operette“ wird als Erlebnis der Fremdheit zum nachdenklichen Spiel. Alle sind Fremde, verkleidet in maskenhaftes Outfit als äußere Staffage mit Pseudo-Identitäten. Im Bühnenhandeln wird die Nähe zur politisch-organisierten und individuellen Gewalt beklemmend nachvollziehbar: Diktatoren geistern über die Bühne, Lisa und Gustl werden umgebracht.

Jörg Koßdorffs Bühne zeigt eine martialische Architektur – eine aufragende Architektur mit Lamellen-Wänden, abweisend, nur partiell geöffnet.

Bei der zweiten Aufführung nach der Premiere ist das klassische Operetten-Publikum in der Mehrzahl. Man braucht einige Zeit, um sich auf das so gar nicht operettöse Geschehen einzustellen, akzeptiert dann die neu erzählte Geschichte und lässt sich auf die „Botschaft“ ein. Nur die Musik: da artikuliert sich Unbehagen an dem so gar nicht möglichen Schwelgen in parfümierten Lehar-Klischees: „Etwas dezenter wär schon jut“. Aber: In nachfolgenden Gesprächen wird deutlich, dass der Appell an die Reflexion dankbar angenommen wird! (frs)


Fotos: © Monika Rittershaus