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Fakten zur Aufführung 

DIE FRAU OHNE SCHATTEN
(Richard Strauss)
8. Oktober 2009
(Premiere: 27. September 2009)

Deutsche Oper Berlin


Points of Honor                      

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…erfahrene Frau ohne Schatten!

Musikalisch betrachtet gehört die Frau ohne Schatten zu den kompliziertesten und farbenreichsten Partituren der Opernliteratur. Richard Strauss hat mit seiner hochdramatischen Musik eine kontrastreiche Charakterisierung der einzelnen Akteure und Szenen geschaffen. Bemerkenswert seine plastische Musikzeichnung, wie etwa seine Motive für das Erscheinen des Falken, die große Schwertszene des Kaisers im 2. Akt oder die Ankunft von Amme und Kaiserin mit dem Kahn über das Wasser im 3. Akt. Eine genauere Betrachtung des musikalischen Stils lohnt sich, denn einerseits vollzog Strauss in seiner Musiksprache eine Kehrtwendung hin zur Tonalität, andererseits heben die schrillen Orchesterfarben die zum Teil atonal wirkende Harmonik hervor. Der Komponist war zur Zeit der Entstehung des Werkes während des Ersten Weltkriegs auf einem Höhepunkt seines Schaffens. Er betreibt die musikalische Psychologisierung seiner Figuren mit allen in dieser Zeit zur Verfügung stehenden Mitteln. So finden im Orchester auch eine Glasharmonika und fünf exotisch anmutende chinesische Gongs Verwendung.

Neben dem sehr großen Orchesterapparat gibt es gleich fünf enorm schwierige Hauptpartien: Kaiser, Kaiserin, Färber, Färberin und Amme. Die verschiedenen Wirklichkeits-/Traumdarstellungen auf der Bühne machen das Werk auch heute noch zu einer Herausforderung für große Opernhäuser - und dieser Herausforderung hat sich Kirsten Harms mit einer ungewöhnlichen Sängerbesetzung gestellt. Ich habe die dritte Vorstellung gesehen. Weltkasse war die Besetzung der Amme (die eigentliche Titelpartie) durch Doris Soffel. Eine Meisterleistung. Eine Tour de Force. Atemberaubend, wie sie die schwere Tessitura beherrscht. Manuela Uhl als Kaiserin dominierte an diesem Abend mit einer tollen Bühnenpräsenz. Allerdings blieben gesanglich einige Wünsche offen. Der Kaiser, interpretiert von Robert Brubaker, sang an diesem Abend mit kraftvoller, sehr metallischer Stimme. Die Färberin von Eva Johanson sang sehr textdeutlich und ihre Kraftreserven reichten bis zum Schluss. Sie zeigte sich ausdrucksstark. Vor allem im 2. Akt. Johann Reuter sang einen warmen timbrierten Barak.

Kirsten Harms’ Frau ohne Schatten merkt man sofort die Regie-Erfahrung der „Wiederholungstäterin“ an. Sie weiß genau wie man diesen charismatischen, aber schwer zugänglichen Stoff, verpackt in der wohl prächtigsten Opernpartitur, auf die szenische Bühne bringen kann. Sie setzte die Frauengestalten einfach und präzise in Szene.

Kirsten Harms und Bernd Damovsky haben in ihrer Inszenierung drei sehr ansehnliche Bühnenbilder geschaffen. Das Regieteam hat auf Symbolisches weitgehend verzichtet, wenn auch im in schwarzem Marmor gehaltenen Kaiserpalast zwei riesige Falken-Plastiken empor ragen. So vermittelt sich das Gefühl von Enge und Gefangenheit. Im Haus des Färbers zeigt sich das ärmliche Milieu unter erdrückenden Metallträgern. Im dritten Akt zeigte sich die Bühne als karge Mondlandschaft mit schwefeldampfenden Kratern. Die Schatten der Akteure bewegten sich überlebensgroß auf dem Halbrund einer Hinterwand.

Die musikalische Basis dafür, dass die hervorragenden Sänger toll agieren konnten, liefert Ulf Schirmer am Dirigentenpult. Er nahm das Orchester mehrfach behutsam in den extremen Lagen zurück. Er nahm die feinen Strauss’schen Linien, teils derbe musikalische Zeichnungen zum Bühnegeschehen mit kunstvoller klanglicher Transparenz. Schirmer ließ auch mutig zu, dass sich das Orchester in den extremen Ausbrüchen entfalten konnte. Bei der von mir besuchten Vorstellung merkte man dem Orchester einen versierten Umgang mit der Partitur an. Der homogene Klang der Streicher, die zurückgenommenen Holzbläser und das profunde Blech verschmelzen zu einem leuchtenden Strauss-Klang. Das Publikum feierte frenetisch die Sänger, Orchester und Dirigent.

Ralph Thenhaus

 


 
Fotos: © Marcus Lieberenz
im Auftrag der
DEUTSCHEN OPER BERLIN