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Fakten zur Aufführung 

DER FERNE KLANG
(Franz Schreker)
3. November 2001

Staatsoper Unter den Linden

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PSYCHOANALYSE

Franz Schreker knüpfte an spätromantische Tendenzen an, entwickelte expressionistische Kompositionstechniken, erprobte eine neue Leitmotivik, erinnerte an veristische Topoi, kooperierte mit Schönberg, war aber auch sein Gegenpol. Mit dem "Fernen Klang" feierte er ab 1912 riesige Erfolge, und seit den 70er Jahren bemühen sich viele Bühnen um eine - begründete! - Renaissance. Nun ist dieser Impetus auch in Berlin angekommen - und mit Michael Gielen, Peter Mussbach, Erich Wonder ein Team höchster Reputation gefunden.

Michael Gielen arbeitet die Klangräume Schrekers mit der brillanten Staatskapelle Berlin als imaginative Hörerlebnisse heraus, wechselt zwischen Pastellmalerei und harten Schnitten, lässt Künstlerproblematik und Sexualität identifizierbar werden!

Die Bühne Erich Wonders spielt mit Elementen des Wiener Jugendstils, zitiert Klimt und Schnitzler, präsentiert Versatzstücke der 20er Jahre als irritierende Spielräume.

Peter Mussbachs Regiekonzept macht aus dem Künstlerdrama - der Komponist Fritz sucht den imaginativen Klang und verletzt dabei seine geliebte Grete - ein Lehrstück der Psychoanalyse. Grete ist die psychotische Hysterikerin, die Zustände ihrer Seelenqualen werden seziert. Mussbach verzichtet dabei auf die Darstellung bewegender Gefühle, analysiert wie seinerzeit Freud ein Objekt psychischer Identitätskrisen.

Da ist es ein wahrer Glücksfall, dass mit Anne Schwanewilms die Hauptdarstellerin krankheitsbedingt ausfällt und durch die agierende Regieassistentin Katharina Lang nebst am Proszenium singender Carola Höhn ersetzt werden muss: eine zusätzliche Identitätsebene. Grete durchlebt gemäß Regiekonzept keine Wandlungen, Carola Höhn verbleibt das klangschöne Wiedergeben komplizierter Tonfolgen. Robert Künzli braucht einige Zeit, um die Emphase des scheiternden Künstlers zu treffen. Das Ensemble beeindruckt durch disziplinierte Stimmkultur.

Große Teile des Publikums nutzen die Einführung im Apollo-Saal und nehmen regen Anteil am folgenden Publikumsgespräch - sie erleben einen pointiert formulierenden Michael Gielen und einen eher geschwätzigen Mussbach, dem es einfach nicht gelingen will, seine klugen Ideen auf den Punkt zu formulieren. (frs)