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Fakten zur Aufführung 

FAUST
(Charles Gounod)
22. Dezember 2005
(Premiere: 11.6.88)

Deutsche Oper Berlin

Points of Honor                      

Musik

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Imaginierendes Musiktheater

18 Jahre liegt die Premiere des Faust zurück – und wirkt heute wie spontan-kreativ entworfenes Musiktheater. John Dew mit virtuosen Regie-Ideen und Gottfried Pilz mit stimulierenden Kommunikationsräumen lassen Gounods Faust-Adaption zu einem bewegenden Musiktheater-Abend werden. Aktualisierende Analysen werden zu sinnlich erfahrbaren Zeitbildern: Der Konsumterror wird zum zentralen Motiv mit dem Tanz ums Goldene Kalb; Straßenschlachten und Lichter der Großstadt vermitteln räumliche Vorstellungen bedrängender Wirklichkeit. Es scheint an der Zeit, dass die beiden innovativen Protagonisten lebenden Musiktheaters nach langer Pause ein gemeinsames Projekt angehen – in Berlin oder in Bielefeld, wo sie jahrelang für das „Opernwunder“ exzeptionelle Aufführungen realisierten.

Frederic Chaslin dirigiert das Orchester der Deutschen Oper Berlin und führt die Musiker zu intensivem Zusammenspiel mit adäquatem Ausdruck ohne Schmalz, aber auch ohne Pseudo-Bedeutungsschwulst.

Der hochbegabte junge maltesische Tenor Joseph Calleja verfügt über eindrucksvolles Stimmmaterial sowie hohe Musikalität und besticht durch fantastische diminuendi – verliert aber im Schlussterzett seine Durchsetzungskraft, bleibt klanglos und kann offensichtlich einen Opernabend (immer noch?) nicht vollends durchstehen. Seine darstellerischen Fähigkeiten spielen bei Dew/Pilz’ Faust keine Rolle: er ist das gesteuerte Objekt Mephistos. Und den spielt und singt Arutjun Kotchinian mit darstellerischer Brillanz und stimmlicher Beweglichkeit par excellence; eine ultimative Rollen-Interpretation! Michaela Kaune vermittelt als individuell leidendes Opfer gesellschaftlicher Gewalt mit Liebe, Tod und Erlösung die Kraft einer bewussten Seele – eine Margarete als konkretisierte Hoffnung auf Spiritualität. Das ungemein engagierte Ensemble der Deutschen Oper wird vervollständigt durch einen aggressiv-lyrischen Markus Brück als Valentin, eine hingebungsvolle Ulrike Helzel als Siebel, eine opportunistisch-ambivalente Cheri Rose Katz als Marthe.

In der Deutschen Oper fehlen die permanent stänkernden Querulanten; aber auch ohne Claqueure vom Dienst verbreitet sich eine gespannt folgende Atmosphäre mit lautstarken Bravos: Musik, Gesang und „Botschaft“ kommen an; ein Opernabend des großen Erlebens! (frs)


Foto: © Kranichfoto