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Fakten zur Aufführung 

LA TRAVIATA
(Giuseppe Verdi)
26. Februar 2008
(Premiere: 20. November 1999)

Deutsche Oper Berlin


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Bedrängende Rückschau

Das Haus an der Bismarckstraße ist – wie schön – rappelvoll; gefüllt mit internationalen Berlin-Touristen, neugierigen Opern-Novizen und vielen, die einen unterhaltsamen Abend erwarten. Inmitten des aufgekratzt beobachtenden, flüsternd erklärenden und kommentierenden Auditoriums halten – wie Inseln der Ruhe - die „Eingeweihten“ souverän Position. Doch ist offenbar Violettas Sterben mit Verdis emotionalisierender Musik-Kunst so stark, dass im Finale gebannte Spannung die Atmosphäre bestimmt – kein reflexhaftes Klatschen, kein ungehemmtes Husten; stattdessen Annehmen der intensiv vermittelten Gefühle. Das mag Hoffnung wecken für eine neue Akzeptanz der Bismarck-Oper. Doch fragt sich, ob dieses Publikum einer intensiveren Vermittlung von „Bedeutung“ zugänglich ist und den Weg in „modernes Musiktheater“ mitgehen will.

Zumal diese Traviata die Inszenierungsideen Götz Friedrichs nur noch rudimentär nachvollziehbar werden lässt: Die Konstellation der von einer aggressiven Gesellschaft und egoistischen „Partnern“ bedrängten Violetta leidet unter uninspiriertem „Bühnenhandeln“; Chor und „kleine Rollen“ agieren routiniert, lassen sich nicht auf emotionale Risiken ein; in den Hauptrollen herrscht konventionelles Gestikulieren vor.

Und Frank Philipp Schlößmanns gewaltig-hermetischer Bühnenraum wird durch nicht schließende Türen, Schatten von den Seitenbühnen und unbegreiflich langen Umbaupausen zur bloßen Dekoration – allein die Farben („sattes Rot“) vermitteln kommunikative Aufmerksamkeit.

Andrea Rost bleibt darstellerisch verblüffend ungelenk, gewinnt stimmlich erst im Finale mit ihrem herben Ausdruckscharakter die intensive Kraft der Piani; Roberto Sacca gibt die Macho-Attitüde des Alfredo allzu plakativ, singt eng geführt und lässt seiner Stimme erst gegen Schluss freien Lauf – gibt es an der Deutschen Oper kein Einsingen? Bleibt Markus Brück, der als Germont mit baritonal-agiler Kraft differenzierte Gefühle paraphrasiert und seine Stimmkraft zum gebrochen- autoritären Vater werden lässt – großartiger Musiktheater-Gesang!

Das Orchester der Deutschen Oper Berlin spielt wie vom Blatt: Attilio Tomasello gibt den Takt vor, hat wenig Kommunikation mit den Instrumentengruppen und der Bühne, verhindert nicht die lähmenden Humptata-Passagen und bleibt in den Tempo-Wechseln höchst beliebig.

Wenn denn die Götz-Friedrich-Inszenierungen immer noch die „Renner“ des Angebots der Deutschen Oper sind - so fahrlässig darf man mit dem großen Erbe nicht umgehen: da muss sich das Haus schon mehr bemühen! (frs)