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Fakten zur Aufführung 

RIENZI
(Richard Wagner)
30. Januar 2010
(Premiere: 24. Januar 2010)

Deutsche Oper Berlin


Points of Honor                      

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Der Tribun tanzt aus der Reihe!

Die Dresdner Uraufführung 1842 bedeutete für den Komponisten Richard Wagner den Durchbruch. Das Publikum harrte sechs Stunden lang aus und bedachte den Komponisten mit nicht endenden Ovationen. Wagner wollte mit seinem „Rienzi“ nicht einfach eine „Große Oper“ nach französischem Vorbild schaffen, sondern alle Vorbilder - Meyerbeer, Halévy und Auber - in den Schatten stellen. Pracht und Aufwand der Szenen suchten ihresgleichen - die Dramatik der Geschehnisse mit ihren Massenaufmärschen und Zeremonien, Revolten und Schlachten und der Brand des Kapitols; entsprechend die Musik mit ihrem groß angelegten Finale, den ausladenden Ensemble- und Chorszenen mit Marsch und Choral.

An der Deutschen Oper Berlin wird eine stark gekürzte Fassung gespielt. Regisseur Philipp Stölzl verlegt die Handlung aus dem 14. Jahrhundert in die Zeit der faschistischen Hitler-Mussolini-Diktaturen. Die Bühne stellt eine weitläufige Halle dar, die den Hitler-Berghof mit dem berühmten Alpen-Panorama zeigt. Das riesige Wandfenster bietet Fläche für Videoprojektionen. Hier wird retrospektiv der gereifte und späte Rienzi als Göring-Parodie dargestellt – unter Verwendung von Szenen des Chaplin-Films „Der große Diktator“. Einen szenischen Zeitbruch gibt es nach der gewaltigen Ouvertüre. Das Bühnenbild wechselt und wir befinden uns in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. Wir sehen eine Kulisse aus dem Fritz Lang-Stummfilmklassiker „Metropolis“. In dieser expressionistischen Szene spielt die Handlung bis zum Ende des ersten Teils. Nach der Pause setzt sich die Handlung im Hitler-Führerbunker fort und im Hintergrund laufen die riesigen Videoprojektionen im Stil früherer NS-UfA-Wochenschauen weiter. Das „Neue Rom“ Rienzis stellt sich als Hitlers „Welthauptstadt Germania“ dar.

Sebastian Lang-Lessing („Zögling“ des Regie-Intendanten Götz Friedrich) sprang kurzfristig für Michail Jurowski ein. Mit energischen Tempi jagt der Dirigent durch die gekürzte Partitur - ein klarer Wagner-Klang. Chor und Extrachor der Deutschen Oper in der Einstudierung von William Spaulding waren sehr präsent und sangen auf allerhöchstem Niveau - ein Rausch für die Ohren. Ein Triumph für die Sänger der Hauptpartien: Ein phänomenal aufgelegter Torsten Kerl mit warmer, gut geführter Tenorstimme hätte wohl in dieser Verfassung mit Sicherheit auch die Original-Fassung gut durchgestanden. Seine Tenorstimme wird mit den Jahren immer besser. Seine Rolle verkörpert er als charismatisch-schöngeistiger päpstlicher Notar. Irene, seine Schwester, wurde von der beeindruckenden Camilla Nylund mit heller Sopranstimme gesungen. Ihre Rolle verkörpert sie mädchenhaft, schüchtern, fast schon zurückhaltend. Steffano Colonna als Haupt der Familie Colonna wurde von Ante Jerkunica mit kräftigem Bass interpretiert. Adriano, sein Sohn, wurde von der glänzenden Kate Aldrich mit vollem präsentem Mezzosopran gesungen und burschikos gespielt. Die Hosenrolle war ihr auf dem Leib geschnitten. Krzysztof Szumanski als Paolo Orsini sowie alle Nebenpartien trugen mit besten Kräften bei. Alle Sänger boten eine wohltuende und erstaunliche Textverständlichkeit.

Auch in der ausverkauften zweiten Aufführung nach der Premiere stieß die Vorstellung auf Buhrufe und Beifall, wobei einstimmiger Beifall und Bravorufe der musikalischen Seite zuteil wurden. Ein in musikalischer Hinsicht großer Musiktheaterabend mit viel Diskussionsstoff für die Opernbesucher.

Ralph Thenhaus

 








 
Fotos: Bettina Stöß/stage pictures