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Fakten zur Aufführung 

TANNHÄUSER
(Richard Wagner)
28. Juli 2005

Bayreuther Festspiele 2005

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

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Bunt, bunt, bunt

Hat es ihn nicht erkannt? Hat es seine Urteilskraft gänzlich herausgeschwitzt? Jedenfalls hüllte das Publikum den kahlköpfigen kleinen Herrn, der nach vielen Vorhängen an die Rampe des Bayreuther Festspielhauses trat, in eine Wolke aus Klatschen, Bravos und Getrampel. Bei der Premiere 2002 war der Tannhäuserregisseur, Philippe Arlaud, noch heftig angebuht worden. Leider darf der Jubel nicht darauf hindeuten, dass dieser Tannhäuser seither mehr geworden ist, als eine glatte bunte Oberfläche.

Die Defizite der Regie liegen auch 2005 offen. Arlauds kitschig märchenhafte Welt ist nach wie vor nicht dazu angetan, Ort für echte Emotionen und starke Begegnungen zu sein. Arlaud verwehrt ihr historische Bezüge, Anspielungen an die Rezeptionsgeschichte des Werkes und überhaupt jedwede Aussage. Die Personenregie in dem grasgrünen von Nelken bewachsenen Tunnel, der den ersten und dritten Akt überwölbt, ist so unentschieden wie das erotische Wallen im kühlen Venusberg. Dabei ist dessen kubische graurote Bildschöpfung noch relativ anregend. An der grellbunt beleuchteten grünen Landschaft sieht man sich allzu schnell ab. Arlauds Inszenierung als die derzeit schlechteste am Hügel anzupreisen, mag zwar die Massen der Buhschreier in Schlingensiefs anspielungs- und abwechslungsreichem Parsifal erschüttern, doch sehe ich bei so viel Inhaltslosigkeit keine Alternative für den Gewinn des Superlativs.

Es liegt nahe zu glauben, dass das Publikum von den bemerkenswerten Orchester- und Sängerleistungen überwältigt wurde. Stephen Gould hatte als Titelheld einen grandiosen Abend. Gould ist nicht nur ein Tenor, der diese schwere Partie durchsteht, er vermag sie sogar zu gestalten, sie kantabel auszusingen und ihr stets noch einen weiteren Grad an Intensivierung abzugewinnen. Anfangs fürchtete ich, er könnte dieses dichte und einsatzfreudige Singen nicht durchhalten. Doch sogar noch die Romerzählung steigerte er, ohne ins Deklamieren zu verfallen, zu einem Drama, das auf Szenen im „Ring“ vorauswies.

Weniger durchschlagend, doch ebenso bezwingend sang Roman Trekel den Wolfram. Trekel ist seit Jahren eine der großen Sängerpersönlichkeiten am Hügel. Die gut verständlichen Monologe kündeten oft von der Unsicherheit Wolframs im Umgang mit den Menschen, verbargen aber auch seinen angestauten Zorn über die eigene Schwäche und Verklemmtheit nicht. Dieser Wolfram wird von Bewunderung und Hass für seinen Gegenspieler in der Gunst um Elisabeth richtiggehend gequält. Ricarda Merbeth ist keine heilige Elisabeth, dafür ist ihr Ton nicht unschuldig genug, ihr heftiges Vibrato zu reif und ihr Agieren zu distanziert. Auch im Piano flackerte die Stimme unaufhörlich, was vor allem dem Gebet des 3. Aktes schadete, das keine Intimität entwickeln konnte. Besser aufgehoben war das hochdramatische Singen bei Judit Nemeth. Ihre Venus war die Verkörperung eines Prachtweibes, stimmlich strahlend und reich. Die soliden Guido Jentjens als Hermann und Clemens Bieber als Walther blieben hingegen blass.

Begeisterung lösten Christian Thielemann, der klangmächtige Chor und das Orchester aus. Thielemann hatte einen gewohnt weihevollen Zugang gewählt. Er ziselierte die Klangverflechtungen genüsslich aus, schob Schicht um Schicht übereinander, jedoch befrachtete er die Pilgerchorzitate in der Ouvertüre mit Schwere ebenso wie den Chor der einziehenden Gäste auf Wartburg. (tv)