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Fakten zur Aufführung 

GIULIO CESARE
(Georg Friedrich Händel)
23.Juli 2004

Gran Teatre del Liceu Barcelona

Points of Honor                      

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Barocker Ohrenschmaus mit Extrawurst

Mit einer Wiederaufnahme der Inszenierung von Herbert Wernicke aus der Spielzeit 2000/01 lockt das Liceu Freunde der Barockoper und Barcelonas Sommergäste in das Theater an der Rambla.

Eigentlich sind schon Theaterferien, doch in Kooperation mit dem neuen "Forum" finden fünf Aufführungen in der letzten Juliwoche statt.

Der Barockspezialist Michael Hofstetter gab sein Debüt am Pult des Sinfonieorchesters des Liceu und bot mit diesem und einem facettenreichen Sängerensemble dreieinhalb Stunden Händelsche Vielfalt.

Der Countertenor Flavio Oliver in der Titelpartie gab dem Cäsar mit hellem Timbre und wenig Durchschlagskraft ein eher weiches Profil, und auch Cleopatra, gesungen von Elena de la Merced wirkte eher mädchenhaft unbedarft und beeindruckte mehr durch spritzige Leichtigkeit in den Koloraturen als durch tragische Töne.

Unglaublich profund klang dagegen die Cornelia von Ewa Podlés, die mit ihrem einzigartigen Kontraalt männliche wie weibliche Kollegen in den Schatten stellte. Reizvoll waren die Szenen mit dem Countertenor Jordi Domènech als ihrem Widersacher Tolomeo, der mit ebenfalls dunklem, weichen Timbre ihrem schwarzsamtenen Stimmklang am nächsten kam. Die junge Mezzosopranistin Maite Beaumont gab ihr Liceu- Debut als Sesto und hatte in vier ausladenden etwas eindimensionalen Rachearien Gelegenheit ihre Gesangskunst zu präsentieren. Der deutsche Bariton Oliver Zwarg durfte als Fiesling Achilla schon aus dramaturgischen Gründen keine gute Figur machen.

Zwei spektakuläre, symbolträchtige szenischen Einfälle Wernickes ziehen sich durch das gesamte Stück: Der schwarze, dreisprachig beschriebene Steinblock, die Rosetta, die als Handlungsfläche dient und das Krokodil, das täuschend echt von Héctor Manzanares verkörpert wird, alle Akteure auf der Bühne begleitet und am Ende auch kommentiert.
Wernicke hat die Epochen der Antike, des Barock und der Moderne geschickt in die Handlung der Oper eingeflochten, sodass es ganz natürlich wirkt, dass dem lorbeerbekränzten Cäsar Wehrmachtssoldaten in den Kampf folgen, dass Cleopatra in ihrer Arie "V´adoro pupille" von barockgewandeten Musikerinnen mit Rokkokoperücken begleitet wird und dass am Schluss der Chor als staunender Touristenhaufen nach Ägypten einfällt.

Wernicke hat sich auch musikalisch bei Händel bedient, so bekommt Cäsars General Curio, gesungen von David Menéndez zwei Arien aus "Rinaldo", Cäsar eine aus "Orlando" und Tolomeo eine aus "Tolomeo" zusätzlich. Bei aller Vielfalt und Liebe zum barocken Detail macht sich zu fortgeschrittener Stunde der Wunsch nach einer Straffung des Geschehens breit.
So bleibt trotz großer Begeisterung für die musikalische Leistung am Schluss doch das Gefühl von Übersättigung nach einem Festessen. Das nächste Ma(h)l doch lieber ohne Nachschlag? (if)