|
Erlösung in Perfektion
Kaum ist die erste Aufregung über Schlingensiefs neuen Parsifal in Bayreuth
vorüber, können Wagnerianer nach Baden-Baden ziehen. Wird hier auch nicht
mit einer skandalträchtigen Aufführung gerechnet, so lässt doch zumindest
die hochkarätige Besetzung aufhorchen. Denn wie oft noch werden wir Matti
Salminen, Thomas Hampson und Waltraud Meier gemeinsam in einer Parsifal
Aufführung erleben dürfen.
Schnell kommt vielleicht der Verdacht auf, dass mehr Wert auf den Eventcharakter
als auf das künstlerische Niveau gelegt wird. In Publikumsgesprächen hörte
man auch immer wieder Zweifel, ob die drei genannten Sänger überhaupt
noch in der Lage wären, ihr gewohntes Niveau über so lange Zeit zu halten.
Doch sobald sich der Vorhang öffnete, wurde man eines besseren belehrt.
Matti Salminen als Gurnemanz, mittlerweile seine Paraderolle, konnte auch
in Baden-Baden wieder das Publikum in seinen Bann ziehen. Auch Thomas
Hampson als Amfortas gehört zu den Idealbesetzungen. Vor allem gelang
es ihm Mitgefühl zu wecken - nach seinen schauspielerischen und sängerischen
Leistungen wirkte das Stören der Ruhe nach dem ersten Akt durch Klatschen
besonders störend. Waltraud Meier faszinierte mit einer verblüffenden
Agilität und katzenhafter Wendigkeit, die sie neben ihrer vollen Stimme
zu einer unvermutet frischen Kundry werden ließen.
Christopher Ventris als jugendlicher Parsifal nimmt sich unter diesen
bekannten Namen als relativ weißes Blatt heraus, was vielleicht auch ein
Grund dafür ist, dass er am Schluss der Vorstellung unverdienterweise
nicht ganz so enthusiastisch bejubelt wurde. Trotzdem sollte man ihn sich
bei weiteren Gelegenheiten nicht entgehen lassen, denn sowohl mit seiner
darstellerischen Ausdruckskraft als auch seiner warmen Stimme und der
stets sicheren Intonation zeigte er sich der schweren Rolle als auch den
übrigen Mitgliedern dieses Ensembles sehr gut gewachsen. Nur mit der harten
deutschen Aussprache hatte er teilweise noch Schwierigkeiten. Tom Fox
als Klingsor und Bjarni Thor Kristinsson als Titurel komplettierten die
Besetzung.
Bei dem ansonsten guten Festspielchor Baden-Baden (Walter Zeh) wäre mehr
Sicherheit bei den leisen Einsätzen und teilweise etwas mehr Fülle wünschenswert
gewesen.
Kent Nagano dirigierte das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin klar und
differenziert, so dass einzelne Linien nicht in einem romantisierenden
Wulst untergingen. Nur der Anfang des ersten Aktes wirkte in der allgemein
straffen Führung etwas schleppend, und das bei Wagner so wichtige Blech
war an den leisen Stellen teilweise etwas unsicher.
Die Inszenierung (Nikolaus Lehnhoff) ist eher schlicht und leicht verdaulich.
Das Bühnenbild (Raimund Bauer) besteht hauptsächlich aus braun-grauen
Betonwänden mit verschiedenen Zusätzen. Nur im zweiten Akt wird mit Farben
und aufwendigeren Zusätzen gearbeitet. Die Kostüme (Andrea Schmidt-Futterer)
bestehen für die Mönche aus grauen Kutten, für Parsifal aus einem Tarzan-Kostüm
und einer schwarzen Ritterrüstung bzw. einem schwarzen Gewand und für
Kundry aus verschiedenen schillernd-aufwendigen oder einfarbig schlichten
Kleidern. Sehr wichtig für die Wirkung der Aufführung ist zudem die differenzierte
Beleuchtung (Duane Schuler).
Am 08. August war die letzte Vorstellung dieser Inszenierung im Festspielhaus
Baden-Baden. Sie wurde jedoch aufgezeichnet und soll zu Beginn des neuen
Jahres auf DVD erhältlich sein. (mf) |
|