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Fakten zur Aufführung 

NORMA
(Vincenzo Bellini)
15. Oktober 2005

Festspielhaus Baden-Baden

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Bühne

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Publikum

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Die Edita - Show

Als Edita Gruberova im letzten Jahr in Baden-Baden ihre erste Norma sang, war dies ein von den einschlägigen Medien und der Öffentlichkeit genau beobachtetes und kommentiertes Ereignis. Lange hatte man auf diesen Moment gewartet, denn die Sopranistin hat Vincenzo Bellinis gallische Druidin bis dato geflissentlich gemieden. Bedenken, nicht aus dem Schatten der Vorgängerinnen heraustreten zu können, dürften nicht der Hauptgrund für diese Vorsicht gewesen sein. Norma bedeutete für die slowakische Primadonna vielmehr die Hinwendung zu einem dramatischeren Fach und zu einer Partie, deren Tessitura sehr weit in die Tiefe reicht.

Am Ende war ihr letztjähriger Auftritt ein Triumph, da lag es wohl auf der Hand, das Konzert in ähnlicher Konstellation noch einmal zu wiederholen. Darüber hinaus bereitet sich die Gruberova gerade auf ihre erste szenische Norma an der Bayerischen Staatsoper vor. Die konzertanten Aufführungen helfen da auch einer erfahrenen Sängerin, die notwendige Sicherheit zu erwerben. Dennoch war es nicht leicht zu entscheiden, ob es sich bei den Seufzern vor der berühmten „Casta diva“-Arie um die Schnaufer der Sorgen beladenen Norma oder der angespannten Gruberova handelte. Vollkommen frei und überlegen klang die große Szene jedenfalls nicht, weder die tiefe Lage, noch die Höhen kennzeichnete die unangestrengte Tongebung, mit der sie sonst bezaubert. Ich wurde den Eindruck nicht los, sie versuchte jemand anders sein zu wollen, als sie selbst. Dieser Gedanke verflog erst beim ersten Duett mit Adalgisa.

Ab diesem Zeitpunkt ging Edita Gruberova vollkommen in ihrer Darstellung auf. Ohne sich wie die Kollegen an Noten oder an einem Notenpult festzuklammern, erschuf sie ein spannungsvolles Portrait einer von widerstreitenden Emotionen gebeutelten Norma. Besonders beeindruckend durchlebte sie den Konflikt um die Tötung der beiden Kinder. In der langen Schlussszene zeigte die Gruberova Norma nicht als quälende Rachegöttin, sondern als vollkommen zerrissene, verwirrte, aber auch liebende Gestalt, für die der Tod Befreiung bedeuten musste.

Gruberovas intensiv menschliche Gestaltung inspirierte die übrigen Sänger leider kaum. Sie blieben auf die Rolle als Stichwortgeber beschränkt. Der eng und belanglos singende Pollione von Aquiles Machado bot Norma nicht den wichtigen Widerpart. Marianna Kulikova ist immerhin mit einem hochinteressanten, dunkel diabolischen Mezzo gesegnet, vermochte als Adalgisa die extrem schwankenden Gemütszustände sängerisch aber kaum voneinander zu unterscheiden. Einzig Guido Jentjens lief als Oroveso im 2. Akt zu großer Form auf.

Stefan Anton Reck am Pult der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz war bedauerlicherweise mehr um die Klischees der Partitur, den typischen italienischen Hm-ta-ta-Sound bemüht, als um den romantischen Zauber der vielen Nachtstimmungen. Kraft- und spannungslos versandeten viele Vor- und Nachspiele. Das Vokalensemble Rastatt verlieh den Galliern und Römern angemessene Stimmen, ohne starke eigene Akzente zu setzen.

Natürlich kannte die Begeisterung des Publikums keine Grenzen. Sie machten das Ereignis letztlich zur erwarteten Edita-Show. Wie hätten sie wohl getobt, wenn die übrigen Sänger auch nur annähernd die Klasse Edita Gruberovas besessen hätten? (tv)


Foto: © Andrea Kremper