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Fakten zur Aufführung 

DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL
(Wolfgang A. Mozart)
9. Juni 2003

Karajan-Pfingstfestspiele
(Festspielhaus Baden-Baden)

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"Welche Wonne welche Lust..."

Dieses Zitat aus Blondchens gleichnamiger Arie kann man häufig als Programm für Mozarts beliebtes Singspiel "Die Entführung aus dem Serail" sehen. So war es auch dieses Wochenende, als im Festspielhaus Baden-Baden die Koproduktion mit dem Festival d`Aix-en-Provence und den Opern von Rouen und Lausanne präsentiert wurde.

Das Bühnenbild (Miquel Barceló) ist eher schlicht. Links eine blaue Wand mit arabischen Schriftzeichen, rechts ein ockerfarbenes Gebäude und zudem ein weißer Turm in orientalischem Stil. Ergänzt wird dies durch große Stoffbilder auf der Rückwand, die thematisch die jeweilige Szene unterstützen. Die Kostüme (Macha Makeieff) versetzen den Zuschauer ins 18. Jahrhundert und verdeutlichen so auf einfache Weise den kulturellen Unterschied zwischen einem europäischen Edelmann und dem Muselmann.

Matthias Klink stellte Belmonte sowohl schauspielerisch als auch gesanglich sehr ansprechend dar. Von ihm hätte sich wohl manche Zuschauerin gerne retten lassen... Konstanze wurde von Madeline Bender als eigenwillig und durchaus zickig interpretiert. Das Dienerpaar Pedrillo und Blonde (Loic Félix und Magali Léger) bildete einen erfrischend offenherzigen Gegensatz zu seiner Herrschaft. Insbesondere Magali Léger begeisterte durch ihre stimmlichen und darstellerischen Fähigkeiten. Der Aufseher Osmin (Wojtek Smilek) wurde nicht grimmig, sondern als schlichter Untertan, der gemäß seinem erlernten Verständnis handelt, dargestellt.

Shahrokh Moshkin Ghalam als Bassa Selim bot in der Inszenierung die einzige größere Überraschung: Er war kein weiser, väterlicher Herrscher, sondern ein verloren wirkender junger Mann, der, im wahrsten Sinne des Wortes, durch sein Leben tanzt und die Bewegung als Ausdruck von Gedanken und Gefühlen nutzt, die er in seinen, teilweise iranischen (?) Wortbeiträgen nicht zeigen kann.

Leider fehlte durch diese Interpretation die Verbindung zu dem klugen und großzügigen Herrscher, so dass die Freilassung der Gefangenen nicht schlüssig wirkte. Aufgelockert wurde die Handlung von einigen Schauspielern, die im Dienste Osmins abwechselnd als trottelige Spione oder unfähige Wachposten fungierten. Obwohl die Lacher des Publikums Zustimmung ausdrückten, wirkten die Scherze manchmal flach und trugen dazu bei, dass die gesamte Aufführung teilweise gefährlich nahe zum Klamauk war.

Im Orchestergraben sorgte Marc Minkowski zusammen mit dem Mahler Chamber Orchestra für eine prägnante, stimmige Interpretation der Musik. Hierzu ist nicht mehr zu sagen als: hervorragend!

Das Festspielhaus war trotz des warmen Sommerwetters gut ausgelastet. Im Allgemeinen schien das Publikum sehr angetan und vereinzelte Buh-Rufe wurden mit heftigem Klatschen übertönt. Alles in allem kann sich der Besucher bei dieser Inszenierung auf einen schönen, gefälligen Opernabend einstellen. Leider fehlt bei der Interpretation Risikobereitschaft, die bei einer Veranstaltung in diesem Format durchaus zu erwarten wäre. (mf)


Foto: © Andrea Kremper