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Fakten zur Aufführung 

ELEKTRA
(Richard Strauss)
19. Januar 2008

Mariinsky-Theater St. Petersburg
Festspielhaus Baden-Baden


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

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Krimi

Larisa Gogolevskaya ist eine Elektra mit sensationeller Ausstrahlung, mit einer Stimme, die sich von Minute zu Minute hineinsteigert in einen Furor von traumatischen Erinnerungen, demütigender Erniedrigung, fanatischer Rache, erschütternder Enttäuschung, triumphalen Jubel – und bewusst-erfülltem Tod: “Tanze und schweige!“ Diese archaischen Gefühle singt sie mit einer Stimme, die im Lyrischen harmonisch verhält, in der Klage intensiv stimuliert, sich im Dramatischen zu fulminanten Höhen steigert – dabei niemals forciert und ohne Schärfen existentielle Verzweiflung Gesang werden lässt. Ihr autistisch unausweichlicher Tod wirkt wie eine Erlösung – und rührt zu Tränen.

Damit ist über das Gastspiel der Mariinsky-Oper in Baden-Baden eigentlich alles gesagt.

Der Vollständigkeit halber: Elena Nebera ist eine stimmlich konsequent kraftvoll-selbstbewusste Chrysothemis, in der Darstellung konventionell händeringend; Olga Savovas Klytämnestra ist eine eher würdevolle Salondame mit beherrscht-zurückgenommener Artikulation; Vadim Kravets gibt dem Orest ausgeglichen-souveräne Stimme; Vasily Gorshkovs Ägisth überzeugt mit aggressiv-heller Intonation; und die Mägde sowie die sonstigen Personen sind stimmlich angemessen vertreten.

Paul Brown baut eine zweistufige Bühne mit einem großbürgerlichen Salon nebst repräsentativer Treppe oben und einem Rumpelkeller, zugestellt mit Sperrmüll, darunter – die Szene für einen Agatha-Christie-Krimi, aber auch der Verweis auf das untergehende Bürgertum im alten Wien.

Und so inszeniert Jonathan Kent: Kommen und Gehen, Warten und Agieren im bewährten englischen Krimistil, spannend, aber ohne Sinn für den archaischen Mythos. Aber immerhin vermeidet er – trotz des optisch-räumlichen Zeitbezugs - den fatalen Eindruck einer unangemessenen freudschen Psychoanalyse auf offener Bühne.

Der allgegenwärtig-umtriebige Valery Gergiev hat die Schichten der Strauss-Partitur mit ihren so divergierenden „Stimmungen“ von larmoyanter Lyrik bis zu hochdramatischen Eruptionen mit all ihren Brüchen voll im Griff. Das Orchester des Mariinsky-Theaters St. Petersburg folgt mit souveräner Sicherheit, korrespondiert perfekt in den Instrumentengruppen, kommuniziert ausgewogen mit den Sängern und lässt sich auch nicht durch die brutal verstärkten “Orest“-Schreie aus dem Off irritieren.

Ein erwartungsvolles Publikum folgt gebannt, kein Husten stört den Ablauf – der Hinweis im Programmheft ist da nicht ohne Nachhaltigkeit! – und die Atmosphäre im großen Haus gewinnt intimen Charakter. Schade nur, dass Viele nach Fallen des Vorhangs zur Garage und ihren Bussen aufbrechen – dennoch: der Beifall für Larisa Gogolevskaya ist ehrlich enthusiastisch! (frs)