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Fakten zur Aufführung 

DIE HERZOGIN VON CHICAGO
(Emmerich Kálmán)
2. April 2004

Theater Augsburg

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Das alte Amerika

Glamour, Girls und Geld, das ist das alte Amerika, wie es sich Emmerich Kálmán und seine Librettisten Julius Brammer und Alfred Grünwald in den späten Zwanzigern vorstellten. Nicht anders wagte es auch der Regisseur der "Herzogin von Chicago", Thomas Mittmann, sich vorzustellen. Seine Augsburger Inszenierung bietet die Zwanziger Jahre als Augenweide, mit Bob-Frisuren, Fracks und Glitzerkleidchen, in stillvoller Bar oder Thronsaal (die vielen schönen Kostüme entwarf Bühnenbildner Wolfgang Buchner). Auf der Hinterbühne hat das Orchester Platz genommen. Das allein ist schon Kulisse genug für das Treffen von amerikanischem Charleston und ungarisch-österreichischer Musiktradition.

Mittmann hat uns eine radebrechende Aktualisierung des Stücks erspart, die Amerika-Begeisterung der Operette präsentiert sich ungeschminkt, die ulkigen Typen dürfen als Paradeungarn und Paradeamis auftreten. Das Werk, das mit dem Verbot durch die Nazis von den Bühnen verschwand, kehrt als historisches Spiel einer anderen Zeit wieder, als das "alte Europa" noch kein Schimpfwort war. Mittmann beweist Humor und Einfallsreichtum. Charleston, Foxtrott, Walzer, Csardas kombiniert er jeweils passend mit Einlagen von fackelschwingenden Freiheitsstatuen, kurzberockten Showgirls, federgeschmückten Indianern oder schießenden Ganoven aus Chicago - die Operette als Revuefilm. Das Publikum ist begeistert.

Die Nummern wirkten bei Solisten und Choristen noch einstudiert, für wirkliche Unbefangenheit fehlte in der dritten Aufführung noch Routine. Kaum Probleme gab es mit der problematischen Orchesteraufstellung. Die Abstimmung funktionierte über Monitore und Horchen weitgehend störungsfrei. Peter Bernhard macht als Sándor Boris die veritable Figur eines Erbprinzen von Sylvarien. Er ist groß und schlank von Gestalt und präsentierte seine Stimme als strahlkräftigen Tenor, der nach dem Absturz beim Spitzenton der ersten Arie sinnvoll zu haushalten verstand. Richtig frei klang er jedoch nicht mehr.

Sándor lernt die unverschämt reiche Amerikanerin Miss Mary Lloyd lieben, die in der Südafrikanerin Sally Du Randt eine Interpretin fand, die trotz großen, fast dramatischen Soprans auch um ein kühles Understatement nicht verlegen ist. Vuokko Kekäläinen, als extrem lispelnde Prinzessin Rosemarie, spielte hübsch überzeichnet und vermochte mit dunklem, altfarbenem Mezzo, den knabenhaft drahtigen Möchtegern James Bond von Manuel Wiencke, alias Jonny Bondy, um den Finger zu wickeln.

Die guten sängerischen Leistungen wurden jedoch vollkommen überragt durch ein ausgezeichnetes Orchesters unter Henning Kussel, das sich auf schmalzigen Walzer, wie auf groovigen Blues verstand. Verglichen mit der einzigen CD-Aufnahme unter Richard Bonynge, klang die hinreißende Musik bei den Augsburgern spritziger und farbiger. Die Musiker hatten einfach Spaß bei der Arbeit.

Das Publikum im gut gefüllten Theater ließ sich den Spaß gefallen. (tv)


Karten unter (0821) 324 49 00




Fotos: © Lioba Schönbeck