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Fakten zur Aufführung 

MEDEA
(Luigi Cherubini)
16. September 2007

Nationale Reisopera Niederlande
(Schouwburg Orpheus Apeldoorn)

Points of Honor                      

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Gesang

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Mythos der Katastrophe

In der griechischen Mythologie ist Medeas Kindermord vom Schicksal unausweichlich gesteuert. In der Regie von Dale Duesing wird daraus die verzweifelte Tat einer zutiefst gedemütigten Frau. Medea tötet Jasons neue Liebe Glauce und ihre eigenen Kinder – der schuldige Jason bleibt zerstört zurück; eigentlich – in heutiger Sicht ein Fall für die Forensik. In aktuellen Kostümen (Nicky Shaw – pointiert typengerecht) inszeniert Dale Duesing eine mörderische Krise in „besseren Kreisen“, allein der Chor behält seine kommentierende klassisch-griechische Funktion. Der Mythos der Katastrophe wird zur herben gesellschaftlichen Anklage -

Verstärkt durch Boris Kudlickas schwarze Tryptichon-Bühne, in deren Seitenflügeln sich das Publikum spiegelt. Mächtige Wände vermitteln den Eindruck extremer Ausweglosigkeit.

Entsprechend starr agiert Bernard Deletre als patriarchalischer Kreon – er überzeugt mit kalkuliert-strömendem ausdrucksvollem Bass. Peter Wedd gibt den Giasone mit rollengerechtem aggressiven Tenor. Martene Grimson verkörpert eine naiv-unwissende Glauce mit angemessener Artikulation. Stimmlich hervorragend besetzt die kleineren Rollen der dienstbaren Geister Neris und Ancella mit Marjolein Niels und Selma Harkink. Elzbieta Szmytka wagt sich an die Callas-Rolle der Medea – ihre Stärken liegen in den bittenden,flehenden,unterwerfenden, hilflosen Szenen; da gelingen ihre Momente größter stimmlicher Authentizität, da wird ihr Gesang zur quälenden Anklage. Im mörderischen Wahn jedoch, bleibt sie – regiegerecht! – mit hellen Spitzentönen die Frau ohne Ausweg, ohne die unerbittliche Wucht des Schicksals zu vermitteln.

Jan Willem de Vriend spielt mit dem Het Gelders Orkest einen Cherubini von 1797, dem man viel von Glucks-Reformopern anhört, von dem aber auch erkennbar viele Anregungen von seinen Nachfolgern – vor allem Bellini, Donizetti, Rossini – aufgenommen wurden. Dynamik und Tempo, orchestrales Zusammenspiel und exzellente Sänger-Begleitung zeichnen den Abend aus. Mit dem zuverlässig intonierenden Koor van de Nationale Reisopera steht ein funktionierendes Kollektiv auf der Bühne.

Apeldoorns neues Theater Orpheus ist ein architektonisch tief beeindruckender Musentempel, doch wirkt der Hauptsaal wie eine distingiert-ambitionierte Stadthalle – nicht wie ein Opernhaus, was auch für die Akustik gilt. Das Publikum beteiligt sich an der informativen Einführung in bewundernswerter Anzahl – und so kann in Apeldoorn eine Hochburg der Oper entstehen. Permanent dichte Atmosphäre und respektvoller Applaus sind die besten Voraussetzungen! (frs)


Foto: Hermann und Clärchen Baus