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Fakten zur Aufführung 

MARCO POLO
(Tan Dun)
21. November 2008
(Premiere: 7. November 2008)

Het Muziektheater Amsterdam


Points of Honor                      

Musik

Gesang

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Zeitreise in Träume

Bilder, nichts als Bilder - exotisch, artifiziell, imaginativ, perfekt konstruiert, geheimnisvoll deutend: Bilder in Worten, in Tönen, in Klängen, in Farben, in Strukturen, in Konstellationen, in historischen Konfrontationen. Tan Duns genialer Marco Polo (uraufgeführt in München 1996) wird in der Amsterdam-Version zu einer Zeitreise in Traum-Welten - vom mittelalterlichen Venedig ins Dynastien-China mit Dante und Sheherazade als wegweisende Guides, Kublai Khan als Macht-Konstanted bis zum hoffnungsvollen Durchstoßen der Großen Mauer mit dem Blick in eine neue, unbekannte Welt.

Tan Duns Musik fasziniert mit Anklängen an die Peking-Oper, integriert alt-chinesische Instrumente in das klassische Kammerorchester, leitet von chinesischer Pentatonik über in mittelalterliche Klangwelten, verbindet dies mit spätromantischen Stimuli – und mixt atonale Dissonanzen mit tonalen Harmonien. Und dies alles erzeugt das bezwingende Klangbild einer Zeitreise in die (Welt-)Geschichte und ins Menschlich-Innere mit prägend-irritierender Kraft. Dürre Worte reichen nicht aus, das Faszinosum des europäisch-chinesischen Kaleidoskops zu beschreiben - es ist ein Mirakel der Schönheit!

Das fantastisch harmonierende Nederlands Kamerorkest vermittelt unter der fast beschwörenden Leitung Tan Duns einen betörenden Klangrausch, integriert ausgewählte chinesische Instrumente mit ihren exotisch-vertrauten Tönen in einen geradezu berauschenden „multikulturellen“ Klang-Kosmos.

Jean Kalman entwickelt eine kongenial „sprechende“ Bühnen-Landschaft als phantasmagorischen Handlungsraum zwischen den Welten und Zeiten – realistisch in den rauschhaften venezianischen und chinesischen Kostümen, symbolisch-assoziativ mit stupend interpretierenden wehenden Vorhängen, versetzt mit assoziativen Raum-Elementen - und dies alles unter permanenter Einbeziehung von Menschen, als Hersteller imaginativer Bühnen-Wirklichkeit.

Für Pierre Audi muss es eine Freude gewesen sein, in dieser Wunderwelt von Träumen, Phantasien und animierenden Gebilden die traumhaft handelnden Personen zu „bewegen“, Marco und Polo, Handeln und Kontemplation, den kommunikativen Rustichello, die verschiedenen mirakulös eingreifenden Schatten und die Symbole historisch-kultureller Kräfte zu permanent wechselnden Konstellationen zu figurieren!

Der handlungsfreudige Chor der Cappella Amsterdam (Leitung Daniel Reuss) spielt dabei mit intensivem eine entscheidende Rolle!

Die Sänger-Darsteller changieren zwischen europäischen Gesangs-Mustern und Anforderungen des Gesangs der Peking-Oper: Charles Workman artikuliert einen Marco mit nachhaltigem Ausdruck, Sarah Castle brilliert als Polo mit extremen Stimm-Variationen, Stephen Richardson gibt einen sonor-statuarischen Kublai Khan, die „Shadows“ von Zhang Jun, Tania Kross und Stephen Bryant machen emotional deutlich, wie europäische und chinesische Sing-Kultur zu verbinden sind.

In Amsterdam ist Tan Duns Marco Polo offenbar zum Kult geworden. Im Muziektheater sitzen Junge und Alte, Opern-Kundige und „Uneingeweihte“ – sind fasziniert von Musik, Gesang, Bühne; lauschen, staunen – und lassen sich unbegriffen mitnehmen in die irritierende Welt der schier unermesslichen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des unsterblichen China! (frs)