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Fakten zur Aufführung 

DIE FRAU OHNE SCHATTEN
Richard Strauss
28. September 2008 (Derniere)

Het Muziektheater Amsterdam
De Nederlandse Opera


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Abstraktion – emotional

1992 in Genf, 2008 in Amsterdam: Die faszinierende Interpretation der vielschichtig-geheimnisvollen Strauss-Hofmannsthal-Oper erlebt eine glanzvolle Renaissance. Und wer beckmessert, es handle sich um eine museale Reprise, ist als ahistorisch quengelnder Ignorant enttarnt.

Diese Homoki-Inszenierung im genial verschlüsselten Bühnenbild von Wolfgang Gussmann lebt von der drängenden Erlösungs-Geschichte, von der ästhimierenden Konfrontation von abstrakter Bühne, permanent bewegender Handlung und emotionalisierender Musik.

Außer der Dew/Pilz-Interpretation 1986 in Bielefeld gibt es wohl keine intensivere Auseinandersetzung mit dem Mythos des Konflikts von „Geisterwelt“ und existentiell gesuchter „Menschlichkeit“. Und dem großartigen Amsterdamer Muziektheater kommt das nicht hoch genug zu rühmende Verdienst zu, dieses epochale Opern-Ereignis der „Nachwelt“ präsentiert zu haben.

Wolfgang Gussmann gelingt mit einer Fülle kryptischer Zeichen, die sich verdichten, mit den Kostümen eins werden, sich auf variablen Wänden bewegen, mit interpretierender Konfrontation von schwarz-weiß mit farbigen Elementen und Kostümen unvergessliche Bildwelten schafft.

Andreas Homoki „bewegt“ die so differenziert motivierten Personen auf ihrer Suche nach Identität und Menschlichkeit in permanenter Selbstsuche, macht die Hofmannsthal-Dramaturgie luzide und als existenzielles Hoffen, Verzweifeln und (scheinbares) Erreichen nachvollziehbar – reduziert die mystifizierende Komplexität auf eine konsistente „Geschichte“ und kommunizierbares Sinn-Reflektieren.

Zu diesem Diskurs der imaginierenden Wahrnehmung von nicht-intellektueller Welt-Erfahrung leisten Musik und Gesang den vervollkommnenden Beitrag: Marc Albrecht agiert hoch instruktiv als Dirigent des fabelhaften Nederlands Philharmonisch Orkest, betont die emotionalen Akzente der artifiziell-konstruierten Strauss-Musik, zelebriert die Orchester-Zusammenklänge, setzt auf theatrale Dynamik, lässt den Instrumenten Raum für solistischen Glanz, gibt den Instrumentengruppen Raum für stimulierende Kommunikation – und lässt die Bläser aufleuchten über einem geradezu überwältigenden Streicher-Klang.

Ein sensationell einfühlsam agierendes und stimmlich fantastisch ausgewogenes Sänger-Ensemble garantiert den Erfolg dieser wohl nicht mehr wiederholbaren Strauss-Performance: Gabriele Fontana singt eine leidenschaftlich-suchende Kaiserin mit herrlich-emotional strömendem Sopran; Evelyn Herlitzius fasziniert mit emotionalisierten Mezzo-Höhen und –Differenzierungen als Färberin; Doris Soffel gibt der kommunikativ-impertinenten Amme dramatisch-stimulierende Stimme; Klaus Florian Vogts intensiv zweifelnder Kaiser beeindruckt durch enorme Strahlkraft in den Höhen und intensivem Ausdruck; Terje Stensvold ist ein Barak voller Compassion, artikuliert mit seinem hinreißenden Legato einen baritonal ausgewogenen Charakter. Peteris Eglitis als stimmstarker Geisterbote; Roger Smeets, Alexander Vassiliev und Torsten Hofmann als die Brüder; Lenneke Ruiten, Corinne Romijn und Jean-Leon Klostermann als Falke, Stimme von oben und Jüngling beeindrucken mit stimmlicher Kompetenz – und der Koor van de Nederlandse Opera ist ein Musterfall kollektiven Singens.

Das – wie in Amsterdam üblich! – hochkonzentrierte Publikum reagiert mit spontanen Standing Ovations - vielen Besuchern ist die Betroffenheit (und Begeisterung!) noch auf dem Waterlooplein lebhaft spürbar. (frs)
 








Fotos: De Nederlandse Opera