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Fakten zur Aufführung 

MADAMA BUTTERFLY
(Giacomo Puccini)
19. September 2010 (Premiere)

Theater Aachen


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Letzte Konsequenz: der Tod

Im Tode besinnt sie sich ihrer Traditionen. Die Butterfly erdolcht sich rituell mit dem Messer, mit dem auch ihr Vater sich den Tod gab. Das ist umso bemerkenswerter, als dass sie vorher in ihrer Beziehung zu Pinkerton, einem amerikanischen Offizier, doch alle asiatischen Gepflogenheiten aufgibt und sich dem westlichen Lebensstil zuwendet. Auf diesen Aspekt legt Regisseur Alexander von Pfeil sein Hauptaugenmerk. In Piero Vinciguerras japanischem Shoi-Haus mit glitschigem Steingarten vor der Terrasse herrscht westlicher Fortschritt: Mikrowelle für die schnelle Küche, Wasser aus Einweg-Plastikflaschen, statt traditioneller Tee-Zeremonie der schnell mal aufgebrühte Beutel. Und unendlich oft auf- und zugeklappte Notebooks und Mobiltelefone. Analog dazu hat Sabine Blickenstorfer die Figuren in zeitgenössische Kostüme gesteckt, Suzuki in eine Schuluniform. Nur die arme Butterfly läuft hauptsächlich im Nachthemd herum. Insgesamt zeigt von Pfeil viele momenthafte Regieeinfälle, die eine zielführende Wirkung oder interpretatorische Aussagekraft allerdings vermissen lassen. Handys und Laptops ergeben noch lange keine wie auch immer gemeinte oder gedachte Aktualisierung.
Große emotionale Kraft geht also nicht so sehr von der inszenierten Handlung auf der Bühne aus, sondern vor allem vom Orchester: Kapellmeister Daniel Jakobi erzeugt klanggewaltige Puccini-Wucht, ohne nur beim „Gewaltigen“ zu bleiben. Auch das Zarte, Subtile hat seinen Platz (den Holzbläsern dafür ein ganz besonders Lob). Der Orchesterklang also geht enorm unter die Haut. Auch das singende Ensemble löst das Versprechen ein, das Puccini in seine Partitur legt: eine Gänsehaut bereitende Gratwanderung, immer in Gefahr in den Kitsch abzugleiten, was aber doch nicht wirklich geschieht.

Irina Popova macht gerade die im dritten Akt unerschütterlich wartende Cio-Cio-San zu einem großartigen Erlebnis. Unendliches Vertrauen zeigt sie, das jäh in abgrundtiefer Verzweiflung endet. Sie ist weniger das scheue Mädchen - mehr die bedingungslos liebende, brutal enttäuschte und folgerichtig konsequent sich tötende Frau.
Yikun Chung ist Pinkerton, ein smarter, jovialer Leutnant der Marine. Er verfügt über eine stupend sichere Stimme – einen absolut intonationssicheren, hellen und strahlkräftigen Tenor, der nur ein wenig zu oft, vor allem zu Beginn auf pure Lautstärke setzt.
Hrólfur Saemundsson gibt den amerikanischen Konsul Sharpless mit schönem Bariton als Ruhepol in der Tragödie und Patricio Arroyo als Goro ist ein herrlich schleimiger Heiratsvermittler.
Wunderbar Astrid Pyttlik: ihre Suzuki ist geprägt von ihrem ausdrucksfähigen, großes Mitleid empfindenden Mezzo.
Auch in den kleinen Rollen gibt es keinerlei Ausfälle. So ist diese Butterfly ein veritables Beispiel dafür, was ein rundum toll besetztes Ensemble zu leisten vermag. Zu diesem sehr positiven Gesamteindruck tragen auch Chor und Extrachor bei – beide in bester Form.

Puccinis Musik verfehlt auch an diesem Abend seine Wirkung auf das Publikum nicht - und es gab richtig viel Applaus.

Christoph Schulte im Walde









 
Fotos: Wil van Iersel