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Fakten zur Aufführung 

EIN MITTSOMMERNACHTSTRAUM
(Benjamin Britten)
12. Juli 2015
(Premiere am 4. Juli 2015)

Festival Aix-en-Provence


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Traumhauft verzaubernd

Vor 24 Jahren erlebte diese Inszenierung von Robert Carsen ihre Premiere im Freilufttheater im Hof des erzbischöflichen Palais von Aix-en-Provence und begann seine Erfolgsgeschichte rund um den Erdball. Jetzt kehrt sie aufgefrischt mit Hilfe von Robert Carsen an ihren Geburtsort zurück und begeistert unverändert. Es ist ein klassisches Kunstwerk geworden, diese Darstellung von Shakespeares Komödie um Irrungen und Wirrungen, Zauberkräfte und Liebe. Ein Traum, den das Publikum hier miterleben darf. Und geträumt wird im Bett. Kaum öffnet sich der Vorhang, erscheint die große Bühne als ein Riesenbett, zwei Polster und eine grüne Bettdecke kleiden die gesamte Bühne aus. Kein dunkler, nächtlicher Wald verschleiert das Geschehen.

Ganz in grün, wie der Förster im Wald, erscheint strahlend Oberon. Elegant und dunkel timbriert der Countertenor Lawrence Zazzo seine verlorene Liebe zu Titania. Stimmlich fest und dramatisch überzeichnet Sandrine Piau, die im eleganten blauen Kleid, der Farbe des Himmels nachempfunden, ihr irdisches Kind fest im Arm hält. Das Kind ist der Grund des Ungemachs und der Eifersucht zwischen den beiden, symbolhaft für den Versuch Titanias, sich der Dominanz Oberons zu entziehen. Da kommt schon dessen Diener Puck ins Spiel, der ja die Handlung der Komödie bestimmt und dessen Tolpatschigkeit seine komödiantische Seite prägt. Überaus überzeugend und mit viel Witz und Gespür bei der Sache spielt der vielseitige Schauspieler Miltos Yerolemou. Klein und rundlich von Wuchs springt er akrobatisch auf der Bühne herum und artikuliert feurig in feinem Englisch seine Sprechrolle. Er beobachtet und wirkt auf das Geschehen um die jungen Liebespaare Lysander und Hermia, Rupert Charlesworth und Elisabeth de Shong, und Demetrius und Helena, John Chest und Layla Claire. Besonders letztere bringt ihren kraftvollen, hellen Sopran zur Wirkung. Auch die Handwerkergruppe um den sympathischen Brindley Sherratt als Bottom hat mit Zaubereien zu kämpfen, die sie aber im Schlussbild mit der herrlich komischen Aufführung von Piramus und Thisbe perfekt verdauen.

Ein weiteres sehr gelungenes Detail des Regisseurs ist der Einbezug des Sängerknaben-Chores, in dieser Aufführung der Trinity Boys Choir, in das Geschehen. Vom Kostümbildner Michael Levine wird dieser in ein zu Oberon passendes grünblaues Outfit und blaue Perücken gesteckt. Die von David Swinson bestens vorbereiteten jungen Herren schreiten eifrig wie englische Butler auf der Bühne herum, führen ihre verschiedenen Arbeiten aus und verleihen der Umsetzung viel märchenhaften Flair. Am Ende erleben wir noch ein prächtiges Königspaar in goldener Robe und Krone. Scott Connor bringt zu wenig Herrschaft in seinem Bass, Allyson Michardy ist eine kokette, humorvolle Regentin mit einem klangvollen Mezzo.

Kazushi Ono leitet das Geschehen umsichtig aus dem tiefliegenden Orchestergraben. Er hat diese Inszenierung bereits in Lyon erfolgreich geführt. Verschiedene Solisten, so auch Puck, haben bereits damals mitgewirkt, und es ist Vertrautheit und Sicherheit erkennbar. Das Orchester der Oper Lyon folgt aufmerksam, bleibt in den Sequenzen verspielt, und trotz kleiner Besetzung entsteht viel Klangwelt und Volumen. Die Zwischenspiele bringen impressionistische Eindrücke, die Ono weich zeichnet und so oft sphärisch angelegte Interpretationen vermeidet.

Benjamin Britten schuf dieses Werk 1960 für die Eröffnung der Jubilee Hall seines eigenen Festivals in Aldenburgh. Das Haus ist auf ein paar hundert Sitzplätze ausgelegt, und so hat er auch sein Werk angelegt. Er hält sich trotz deutlicher Kürzungen an die literarische Vorlage, folgt der charakterlichen Zeichnung und gestaltet die Feenwelt als unschuldiges Märchen.

Das Publikum lässt sich dieses Märchen immer noch gerne erzählen und lauscht andächtig. Immer wieder hört man Seufzer der Begeisterung zu den einzelnen Bildern, schmunzelnde Lacher zu den nie im Klamauk verfallenden Szenen Pucks und ein verklärter Applaus am Ende spendet viel Zustimmung und Anerkennung für die Leistung aller Künstler. Der Erfolg dieser Reprise zeigt, dass qualitätsvolle Inszenierungen eine lange Lebenszeit haben und es – auch aus wirtschaftlichen Gründen – Sinn macht, erfolgreiche Inszenierungen länger in einem Festspielbetrieb zu belassen. Ein Konzept, das in Aix schon länger praktiziert wird.

Helmut Pitsch

 

Fotos: Patrick Berger